Die Zuwanderung flacht langsam ab, jetzt beginnt die Arbeitsmarktintegration. Der auf Arbeitsrecht spezialisierte Jurist Stefan Lochner erklärt im HR-Channel von buchreport, worauf es bei der rechtssicheren Beschäftigung von Flüchtlingen ankommt.
Ein Unternehmen möchte Flüchtlinge beschäftigen. Was sind die wesentlichen Schritte?
Das Einfachste ist, sich an den Arbeitgeberservice der örtlichen Agentur für Arbeit zu wenden, der auch Flüchtlinge vermittelt. In vielen Fällen kann nach drei Monaten Aufenthalt eine Erlaubnis erteilt werden, um zu arbeiten. Die Sprachkenntnisse werden schon in der Erstaufnahmeeinrichtung nach dem Europäischen Referenzrahmen bewertet. Viele haben Ausbildungen im Ausland absolviert, die nach einem speziellen Anerkennungsverfahren überprüft werden. Wenn die Dokumente nicht ausreichen, werden zusätzlich Arbeitsprüfungen durchgeführt. Bei der Einstellung ist rechtlich Einiges zu beachten. Stets ist zu prüfen, ob der Bewerber eine Aufenthaltsbefugnis hat und ob diese ihm den Zugang zum Arbeitsmarkt erlaubt. Das ist in den Ausweisdokumenten vermerkt, die der Flüchtling erhalten hat. Diese müssen in der Personalakte aufbewahrt werden, um im Falle einer Prüfung den Nachweis führen zu können. Die Aufenthaltstitel sind meist befristet, daher sollten regelmäßig Wiedervorlage vorgesehen werden. Steuer- und sozialversicherungsrechtlich ist ein Flüchtling, wenn er in Deutschland arbeitet, wie ein Deutscher zu behandeln.
Das Verfahren klingt kompliziert. Wie ließe es sich vereinfachen?
Die Arbeitgeber müssen viel Unterstützung leisten, das ist mitunter ein relativ aufwendiger Prozess. Das große Manko ist oft die fehlende Planungssicherheit. Hier gibt es erste Verbesserungen. Früher wusste zum Beispiel niemand, ob eine geduldete Person in einem Jahr abgeschoben wird, in drei Tagen oder überhaupt nicht. Das hat viele Unternehmen abgehalten. Durch das Integrationsgesetz im vergangenen Sommer hat sich das geändert: Wenn man als Geduldeter eine Ausbildung aufnimmt, unmittelbar davorsteht sie aufzunehmen oder sie absolviert, hat man jetzt Anspruch auf Duldung für die Gesamtdauer der Ausbildung. Ausnahmen gibt es nur bei schwerwiegenden Straftaten oder Terrorismusverdacht. Der organisatorische und administrative Aufwand ist deutlich größer als bei einem Deutschen oder EU-Ausländer, aber das ist händelbar mit den entsprechenden Prozessen.
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Warum lohnt sich der Mehraufwand? Wie können die Unternehmen davon profitieren?
Wir haben einen Fachkräftemangel. Asylbewerber sind häufig gut ausgebildet und in Mangelberufen wie zum Beispiel in der Pflege tätig. Hier kennt das Aufenthaltsrecht Möglichkeiten, um unter erleichterten Bedingungen eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Dann ist es auch eine Image-Frage. Die Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ich beteilige mich als Unternehmen daran. Ich steigere die Diversität im Unternehmen, bekomme neue Gesichter, Kulturen und Religionen ins Team. Das ist für viele Unternehmen wichtig. Was man auch nicht unterschätzen darf: Viele deutsche Unternehmen haben Geschäftsbeziehungen in alle Welt. Wenn ich Syrer oder Iraker in meinem Team habe und in den Ländern Geschäfte mache, dann habe ich jemanden, der die Kultur und Mentalität kennt und die Sprache fließend spricht. Das ist ein wirtschaftlicher Vorteil. Ausnahmen gibt es immer, aber die Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen und sich hier ein Leben aufbauen wollen und wirklich interessiert sind, sich zu integrieren, sind auch überaus motiviert, lernbereit und belastbar.
Aktuell ändert sich in diesem Bereich gesetzlich relativ viel und schnell. Welche Risiken birgt das für Arbeitgeber und wie bleibt man auf dem Laufenden?
Ein positives Signal ist: Als 2015 die Flüchtlingszahlen so stark angestiegen sind und man reagieren musste, wurden viele neue gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht. Jetzt hat der Gesetzgeber seine Schlagzahl etwas zurückgefahren. Aber ganz klar: Das ist ein Bereich, der einem starken Wandel unterzogen ist. Wenn sich etwas verändert und ich bekomme das als Arbeitgeber nicht mit und verstoße gegen aufenthalts- oder beschäftigungsrechtliche Bestimmungen, dann kann ich dafür verantwortlich gemacht werden. Deshalb ist wichtig: Wenn man sich dazu entscheidet, Flüchtlinge einzustellen, muss man intern auch die entsprechenden Prozesse schaffen, etwa indem sich Mitarbeiter, zum Beispiel in der HR-Abteilung, auf den Bereich fokussieren und sich auf dem Laufenden halten, indem sie die einschlägigen Fachzeitschriften lesen und Seminare zum Thema besuchen.
Welche Quellen empfehlen Sie hierzu?
Ich finde den Kommentar „Ausländerrecht“ von Bergmann/Diemelt für die praktische Arbeit sehr gut. Auch im Internet gibt es sehr gute Broschüren und Infomaterial von der Bundesagentur für Arbeit, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), von den Industrie- und Handelskammern. Teilweise sind das sehr umfangreiche Skripte, in denen aus Arbeitgebersicht spezielle Themen abgehandelt werden. Sie werden auch zeitnah aktualisiert, sodass man immer tagesaktuell informiert ist. Auch mit Verlags-Datenbanken wie Beck Online ist man immer auf dem aktuellen Stand. Das Problem bei den gedruckten Kommentaren ist: Sie kommen eben nicht alle drei Monate in Neuauflage. Gegenwärtig gibt es viele Standardwerke, die nicht mehr aktuell sind, weil sich gesetzlich so viel geändert hat.
Stefan Lochner ist Partner der Wirtschaftskanzlei Beiten Burkhardt in München und spezialisiert auf Arbeitsrecht. An mehreren Terminen informiert er in Seminaren der Haufe Akademie über die rechtssichere Beschäftigung von Flüchtlingen.
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