Der Bundesgerichtshof hat sich Gedanken darüber gemacht, wie hoch der Anteil an urheberrechtlich geschützten Werken ausfallen darf, den Universitäten auf elektronischen Lernplattformen zur Verfügung stellen. Nach Einschätzung der Richter darf an elektronischen Lernplattformen von Universitäten höchstens 12% des Gesamtwerks und nicht mehr als 100 Seiten zur Verfügung gestellt werden.
Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs schränkte die Nutzungsbedingungen zusätzlich ein: Die Uni dürfe nur dann einen Teil der Werke zur Verfügung stellen, falls der Rechtsinhaber (also der Verlag oder Autor) der Universität keine angemessene Lizenz für die Nutzung angeboten hat.
Hintergrund des Urteils ist eine Klage des Alfred Kröner Verlags, der die Fernuniversität in Hagen im Visier hat, weil diese mehr als 4000 Studierenden 14 vollständige Beiträge mit insgesamt 91 Seiten des 528 Textseiten umfassenden Buches „Meilensteine der Psychologie“ auf einer elektronischen Lernplattform als PDF-Datei zum Lesen, Ausdrucken und Abspeichern zur Verfügung gestellt hatte. Ein Angebot des Klägers zum Abschluss eines Lizenzvertrages hatte die Fernuni abgelehnt.
Während der Alfred Kröner Verlag argumentiert, die Fernuni habe das Urheberrecht an dem Werk verletzt, hält die Hochschule dagegen, sie sei nach der Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG zur fraglichen Nutzung berechtigt. Laut dieser Bestimmung dürfen kleine Teile eines Werkes zur Veranschaulichung im Unterricht an Hochschulen ausschließlich für einen abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern öffentlich zugänglich gemacht werden.
Der Bundesgerichtshof hat jetzt die „kleinen“ Teile eines Werkes definiert: höchstens 12% des gesamten Werkes, maximal 100 Seiten (weil sonst ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften). Beim Kröner-Werk wäre dies 63 Seiten gewesen.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache jetzt an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das die Angemessenheit des Lizenzangebots des Klägers prüfen soll.
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