In den aktuellen Frühjahrs-Programmen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 15 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Nicola Kabel.
Mein Roman in drei Sätzen
Sas, Tochter eines charismatischen Alt-68ers, der die bürgerlichen Fesseln abwerfen und die Welt umstürzen will, sucht als Erwachsene Sicherheit im perfekten Vorstadthaus – Sinnbild einer perfekten Kleinfamilie. Als ihr Vater sich zu Weihnachten bei Sas einlädt, drängen alte Konflikte mit Macht in ihr Leben. Der Roman erzählt die Geschichte einer kleinen Konterrevolution, die genauso scheitert wie die große Revolution.
Mein Weg zu C.H. Beck
Nach langem Zögern eine Mail. Dann banges Warten.
Das Verdienst meines Lektors
Freundliches Quälen mit Bleistift. Martin Hielscher hat mich durch seine dezenten, zurückhaltenden, aber hartnäckigen Fragen dazu gebracht, genauer hinzusehen und das Leben meiner Figuren gründlicher zu erkunden. Seine erste Frage zu meinem Manuskript war: Wie hat Meggie eigentlich gelernt, Hühner zu schlachten? Ich habe geflucht – woher soll ich das denn wissen, hat sie mir doch nicht erzählt, die ist doch längst tot. Aber dann entstanden neue Bilder, neue Sätze, neue Dimensionen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche
Eine neue Welt, in der ich mich nicht auskenne, deren Sprache und Währung mir noch fremd sind. Und: Mich hat beeindruckt, wie professionell, gründlich und kreativ die vielen Menschen arbeiten, die aus einem Manuskript ein echtes Buch machen und es vermarkten.
Meine Lieblingsbuchhandlung
Dann doch, weil sie immer da war und noch immer da ist: Ameis Buchecke in meiner Heimatstadt Hildesheim.
Meine Lieblingsautoren
Unverrückbar: Uwe Johnson. In seiner eigensinnigen, widerspenstigen Sprache zu baden, ist Arbeit und Glück. Die Katze Erinnerung, die kabbelige Ostsee, andererseits und immer quer über die Gleise gegangen – Uwe Johnson, er soll bedankt sein.
So lese ich
Meistens lese ich nur noch für meine Arbeit. Dann huscht der Blick über digitale Buchstaben auf dem Smartphone, von oben nach unten, die Texte auf Verwertbarkeit scannend. Die anderen, wenigen Momente mit Zeit und echten Büchern (ja, gedruckte Buchstaben auf Papier, gebunden) sind: Worte essen, meist zu schnell, schlingend.
Schreiben ist für mich
Grundsätzlich: ein Handwerk. Texttischlern. Im Alltag über die Jahre: mal Fabrikproduktion, mal Herstellung von Einzelstücken in konzentrierter Handarbeit. Das literarische Schreiben dagegen ist: die Freiheit, meine eigene Sprache zu suchen – und vielleicht zu finden. Die Mühsal, die vorgestellte Welt ganz zu betreten und dort immer neue Wege zu entdecken. Und die Freude, zu sehen, wie Worte Menschen und ihr Leben formen, sich dabei selbstständig machen und mich am Ende überraschen.
Wenn ich nicht gerade schreibe
Verbringe ich viel Zeit in Zügen, in Video- und Telefonkonferenzen, schreibe Rezepte für andere, verhandle, trete Feuerchen aus, bin Türsteherin und Korrektorin. Und sonst: Bin ich am liebsten in der schönsten Stadt der Welt, wo ein Fluss so tut, als sei er ein See – zu Hause bei meiner Familie.
Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?
Nicola Kabels einfühlsamer Debütroman „Kleine Freiheit“ legt den Finger in eine der Wunden der Gegenwart. Als ein Windpark vor ihrer Haustür entstehen soll, gerät das geordnete Leben der 40-jährigen Saskia und ihrer Familie ins Wanken. Ihr Kontakt zu einem ultrakonservativen Windkraftgegner irritiert nicht nur Saskias Mann, sondern auch ihren Alt-68er-Vater, mit dem sie eine berührende Vater-Tochter-Geschichte verbindet.
Martin Hielscher, Programmleiter
Debütantinnen und Debütanten – im buchreport.magazin 01/2021
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