Auch in der Tagespresse stößt die Ablehnung des Google Settlements auf – teilweise hämische – Freude. Allgemeiner Tenor: Das Projekt von Google klinge zwar „verführerisch“, doch heilige der Zweck nicht die Mittel. Zu Recht sei Google für seine „rüde“ Geschäftspolitik bestraft worden. Die Reaktionen im Überblick.
Kritik an Googles Geschäftspolitik
„Im Googleplex im kalifornischen Mountainview setzt man seit jeher auf eine Zukunft aus vollendeten Tatsachen“, resümiert die „Welt“ (24.3.). Ohne zu fragen, speichere man Millionen IP-Adressen, fotografiere Straßen oder scanne Millionen Bücher, „und das alles, bevor die Meinungsmaschine auch nur in Gang gekommen ist. Jetzt jedoch scheint der Vorsprung aus den Wildwest-Tagen des Internets geschmolzen.“
„Das Unternehmen wird erstmals für sein rüdes Geschäftsprinzip bestraft. Und das völlig zu Recht“, stimmt die „Financial Times Deutschland“ ein. Die Sorge der Konkurrenz, dass Google sich hierdurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffe, sei berechtigt. „Dass Google im Nachhinein eine Vereinbarung mit Verlagen traf, macht es nicht besser.“ Schließlich erteilte der Vergleich dem Konzern Kopierrechte, die die Verleger gar nicht besaßen – etwa für in den USA erschienene deutsche Bücher. Zudem könnten sich gerade Kleinstverlage teure Rechtsstreitereien um Entschädigungen nicht leisten.
Da Google im Opt-in-Verfahren für jedes digitalisierte Buch die ausdrückliche Zustimmung des Rechteinhabers brauche, „stellt sich für Google unternehmerisch die Frage, ob die digitale Bibliothek sich überhaupt noch rechnet“ zitiert das „Handelsblatt“ (24.3.) den Urheberrechtsexperten Nils Rauer von der Kanzlei Hogan Lovells.
Alternative Projekte stecken noch in den „ Kinderschuhen“
„Nimm das, Google“ hämt die „taz“ (24.3). Die Ablehnung des Settlements sei ein Festtag für alle Google-Hasser: „Endlich hat der Suchmaschinenkonzern mal juristisch ordentlich eins auf die Fresse gekriegt“. Bei aller Freude über die „Bauchlandung“ von Google müsse aber bedacht werden: „Wenn der Konzern es nicht machen darf, wird es in den nächsten Jahren wohl überhaupt keine gescheite Onlinebibliotheken geben. Immerhin sei der Konzern das weltweit einzige Projekt, das genug Interesse, Geld und technische Potenz mitbringt, um ein derartiges „Mammutprojekt“ zu stemmen.
„Konkurrenzprojektchen“ wie „Libreka“, „Europeana“ oder das „Project Guttenberg“ seien zwar ambitioniert, blieben aber schon seit Jahren in ihren Kinderschuhen stecken.
Zeit für eine internationale Debatte über das Urheberrecht
„Der Zweck heiligt nicht immer die Mittel“, schreibt Roland Lindner in der „FAZ“ (24.3.). So verführerisch das Projekt von Google klingen möge, der Preis dafür wäre viel zu hoch: „Das Urheberrecht wäre in seinen Grundfesten erschüttert worden – und das von einem Unternehmen, das mit dem Projekt eigene kommerzielle Interessen verfolgt.“ Google werde hoffentlich beim nächsten Anlauf einen Ansatz finden, der „nicht auf Urheberrechten herumtrampelt“.
Einen „Maulkorb“ habe der Richter dem „Bücherfresser“ Google verpasst, freut sich die „Süddeutsche Zeitung“
(24.3.). Wie es weitergehe, sei noch offen, „mit noch ein paar Konzessionen wird es für Google aber nicht getan sein. Womöglich ist erst eine internationale Debatte über das Urheberrecht im digitalen Zeitalter fällig.“
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