Viele Verlage setzen freie IT-Kräfte ein: in Software-Entwicklung, Projektmanagement, System- und Serverbetrieb. Verhandlungen über Honorare gehören dazu. Für den richtigen Einkauf hilft es, zu wissen, wo die Marktpreise für IT-Freelancer liegen.
Die Umfrage „Freelancer-Kompass 2020“ des Nürnberger Vermittlungsportals Freelancermap unter selbstständigen IT- und Engineering-Experten in Deutschland, Österreich und der Schweiz stützt sich auf die Aussagen von fast 2000 Teilnehmern zwischen Februar und Mai 2020 zu deren finanzieller Situation, Auftragslage und Demografie. In den Befragungszeitraum fielen der Corona-bedingte Lockdown und die langsame Öffnung der Geschäftswelt. Zwar sackten die Aufträge anfangs ab und die Auftragslage erholte sich nicht auf das Niveau der Vorzeit, aber die erzielten Stundensätze erreichten schnell wieder Vorjahresniveau. Weitere Erkenntnisse im Überblick:
Stabiler Stundensatz: Durchschnittlich 94 Euro für IT-Freelancer
Der durchschnittliche Freelancer-Stundensatz im DACH-Raum ist mit 94,28 Euro in diesem Jahr – auch Corona-bedingt – nur leicht gestiegen (um 0,39 Euro im Vergleich zu 2019). Ein großer Einbruch des Stundensatzes durch die Krise blieb dabei aus. Die Gender Pay Gap, die Einkommens-Schere zwischen weiblichen und männlichen Kräften, wächst jedoch 2020 auf 9 Euro an, denn Frauen verdienen nur noch durchschnittlich 86 Euro pro Stunde (im Vorjahr: 88 Euro), Männer hingegen 95 Euro (im Vorjahr: 95 Euro).
Berater und Manager am teuersten
Je knapp ein Drittel der Freelancer arbeiten als Berater/Manager oder Entwickler. Danach folgen Experten für IT-Infrastruktur (12%). Berater und Manager verdienen mit 110 Euro knapp 16 Euro mehr als Freelancer im Bereich IT-Infrastruktur (94 Euro). Durchschnittlich sind die Spezialisten knapp zehn Monate mit einem Projekt beschäftigt. Die Mehrheit (35%) arbeitet dabei in großen Unternehmen mit über 5000 Angestellten, 11% in einem Betrieb mit weniger als zehn Mitarbeitern.
Saarland und NRW Spitze – Schweizer in der Oberliga
Am besten verdienen im deutschlandweiten Vergleich die Freelancer aus dem Saarland. Hier liegt der durchschnittliche Stundensatz bei 98 Euro, es folgen Nordrhein-Westfalen (96 Euro) und Hessen (96 Euro). Die Freelancer aus der Bundeshauptstadt Berlin erzielen 94 Euro – weit abgeschlagen sind hingegen Freelancer aus Mecklenburg-Vorpommern. Mit 80 Euro erhalten sie fast 20 Euro weniger als die saarländischen Bestverdiener.
Im Durchschnitt lassen sich deutsche Freelancer 93 Euro, österreichische 91 Euro pro Stunde bezahlen. Schweizer Selbstständige verdienen mit einem Stundensatz von 129 Euro über 30 Euro pro 60 Minuten mehr.
Verfügbarkeit: Jeder Fünfte arbeitet von Montag bis Sonntag
Im Durchschnitt arbeitet ein Selbstständiger 44 Stunden in der Woche. Es zeigt sich jedoch: Wer sich weniger Freizeit einräumt, kalkuliert auch mit mehr Einnahmen. Freelancer, die mehr als 60 Wochenstunden arbeiten, erzielen durchschnittlich einen Stundensatz von 108 Euro.
Jeder fünfte Selbstständige ist von Montag bis Sonntag beruflich aktiv. Freelancer sind dabei in der Regel von 6 bis 18 Uhr erreichbar. Geht es um Urlaub, nimmt sich ein Drittel aller Freelancer zwischen 20 und 29 Tagen frei, im Durchschnitt gönnen sie sich 27 Tage Erholung.
Höherer Abschluss bedeutet mehr Geld – Akademiker verdienen am besten
Insgesamt hat jeder vierte Freelancer einen Universitätsabschluss (40%), jeder Dritte beendete sein Fachhochschul-Studium erfolgreich (34%). 11% gaben das Abitur als höchsten Bildungsnachweis an. Aufschlussreich ist auch hier der Blick auf die Stundensätze, denn mit einem Universitäts- oder Fachhochschulabschluss verlangen Freelancer laut der Studie den höchsten Stundensatz von 96 Euro, Abiturienten verlangen 90 Euro pro Stunde.
Start als Freelancer
Durchschnittlich wagen Freelancer im Alter von 35 den Schritt in die Selbstständigkeit und haben davor mindestens 13 Jahre Berufserfahrung gesammelt. Der dominierende Grund: der eigene Chef zu sein (75%). Das Warten und Berufserfahrung sammeln lohnt sich dabei: Während ein Freelancer unter 30 Jahren im Durchschnitt mit 77 Euro pro Stunde nach Hause geht, kommt die Altersstufe der 50- bis 59-Jährigen auf durchschnittlich 100 Euro.
Wegen Corona-Pandemie: Prognose 2020 verfehlt
Im Rahmen der Befragung wurden die Auswirkungen von Corona deutlich: Seit März 2020 verfolgt die Projektplattform die Entwicklungen des Geschäfts über die regelmäßige Umfrage „Corona“-Freelancer-Barometer. Damit gibt sie Kunden und Freelancern Aufschluss über die Schwankungen der Marktpreise.
Die Prognose zum Stundensatz aus dem Freelancer-Kompass 2019 betrug 96,38 Euro für das aktuelle Jahr und wurde damit deutlich verfehlt. Für 2021 erwartet freelancermap-Chef Thomas Maas auf Basis der Angaben der Teilnehmer unterm Strich einen leichten Stundensatz-Anstieg auf 94,51 Euro.
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Auch bei Auftrags- und Finanzlage zeigen sich deutliche Änderungen: Stand es um die Auftragslage vor März noch gut, gehen nun 51% der Freelancer von einer schlechteren Auftragslage für den Rest des Jahres aus. Ähnlich verhält es sich mit der wirtschaftlichen Lage: Vor der Pandemie gaben mehr als zwei Drittel der Teilnehmer an, eine gute bis sehr gute finanzielle Situation zu haben (69%), mittlerweile bewertet die Hälfte der Freelancer die Lage als neutral, schlecht oder sehr schlecht (52%).
Zukunftstrends und Herausforderungen für IT-Freelancer
So sehen Freelancer sich selbst und die Herausforderungen für ihr Geschäft:
- Dominierende Herausforderungen sind Projektakquise (68%), Beruf und Privates zu trennen (35%) sowie Scheinselbstständigkeit (34%).
- Zu den größten Erfolgskriterien zählen das Fachwissen (83%) und die Arbeitserfahrung (77%) – Zertifikate hingegen sind weitestgehend irrelevant (5%).
- Zu den wichtigsten Soft-Skills zählen Kommunikationsfähigkeit (77%), Disziplin (65%) und Eigenmotivation (64%).
- Die größten Vorteile im Freelancer-Business sind Unabhängigkeit (72%), Entscheidungsfreiheit (66%) und die freie Zeiteinteilung (59%).
- Als Nachteile sehen Freelancer die Auftragsakquise (60%), schwankendes Einkommen (46%) und den Zahlungsverzug (40%) bei den eigenen Kunden.
- Zukunftsthemen sind IT-Sicherheit (65%), KI (62%), Cloud-Service (5%) und IoT (45%).
- Forderungen an die Politik sind: Scheinselbstständigkeit abschaffen (56%), Bürokratie reduzieren (56%) und gesetzliche Krankenversicherungsbeiträge senken (35%).
- Programmiersprachen, die in Zukunft am wichtigsten sein werden, sind JavaScript (47%), Java (36%) und Python (35%).
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