Wolfgang Thierse hat sich in die Amazon-Debatte eingemischt. Der frühere Bundestagspräsident und Vorsitzende des SPD-Kulturforums zweifelt daran, ob Politiker oder Kartellwächter den Konflikt lösen könnten. Am Ende seien die Verlage gefragt, sich zu wehren.
Thierse erklärt im Interview mit dem Deutschlandfunk, er unterstütze das Protestschreiben der Autoren, außerdem müsse die Kartellbehörde eingreifen, „wenn sich Amazon auf unziemliche Weise zum Monopolisten“ mache. Ob dies erfolgreich sein könne? „Das wird abzuwarten sein und dann wird, je nachdem, wie die Entscheidung ist, man in der Politik noch einmal überlegen müssen, welche Maßnahmen zur Verteidigung der Buchpreisbindung überhaupt noch möglich sind in einer solchen Situation. Das halte ich für ganz offen, da bin ich, ehrlich gesagt, auch unsicher, was politisch möglich ist, in den Markt einzugreifen, um den es ja auch geht.“
Thierse rät in dieser Situation den Verlagen, selbst aktiv zu werden und nicht mehr mit Amazon zu kooperieren. „Wir haben ein ganz gut funktionierendes Vertriebssystem, das muss man verteidigen gegen einen Monopolisten, der anstrengt, gewissermaßen auch Verlage zu zerschlagen und ihnen sozusagen das, was sozusagen ihre Gewinne ausmacht, wegzunehmen. Also, es ist doch auch eine Selbstverteidigung der Verlage, wenn sie sich gegen Amazon wehren, es ist nicht nur eine Sache der Autoren, sondern da müssen Autoren und Verlage durchaus zusammenhalten.“
Thierses Aussagen passen in den jüngsten Diskurs von Medien wie der „Harvard Business Review“ und der britischen „Financial Times“, die ebenfalls nach Strategien suchen, wie sich (Verlags-)Unternehmen gegenüber dem übermächtigen Onliner behaupten können. Das Waffenarsenal reicht – laut „Financial Times“ – von einem verlegerischen Lieferstopp (den hierzulande bereits u.a. Lübbe-Chef Thomas Schierack ins Gespräch brachte), forcierter Fusionitis (à la Penguin Random House), ausgebautem Direktvertrieb (besonders von HarperCollins derzeit praktiziert), verbesserter Discoverability (wo Amazon Schwächen zeigt) – bis zu ausgebauten Kenntnissen im Kartellrecht, dem Hauptschauplatz der Börsenvereins-Offensive gegen Amazon.
Auch wenn der Fall etwas anders liegt, sollte man sich genau ansehen, was zur Zeit mit Adidas und Asics passiert. Das Katellamt
hat sie abgemahnt, weil die Händler bislang nicht über online-Platt-
formen verkaufen durfen, das mußte ihnen nun Adidas gestatten.
Der Konzern wollte ja seine Marke schützen und in Läden mit
guter Beratung verkaufen – das können sie nun nicht mehr.
Wo leben wir eigentlich? Da ruft Herr Thierse dazu auf, sich zu
wehren und wenn es Händler versuchen, werden sie „abgestraft“,
Herr Thierse, setzen Sie sich bitte mit aller politischen Kraft
für uns, die Händler und Hersteller ein, sonst haben Sie bald
keinen Steuergroschen mehr im Säckel.