Selfpublishing avanciert peu à peu zum ernstzunehmenden und konkurrenzfähigen Publikationsweg – zumindest bei den via Amazon vertriebenen E-Books. Das ist das Ergebnis der dritten Auflage des „Author Earnings Report“, mit dem der Selfpublishing-Autor Hugh Howey (Foto) transparente Daten über den E-Book-Markt liefern will.
Erstmals untersuchte Howey im Februar die Verkäuflichkeit und das Gewinnpotenzial von Titeln verschiedener Publikationsarten. Basierend auf der Bestsellerliste von Amazon.com veröffentlicht er nun quartalsweise eine Analyse, die Aufschluss über Verkäufe und Einnahmen von Verlagsautoren und Selfpublishern auf dem E-Book-Markt gibt.
In den beiden Auswertungen der Monate Februar und Mai kam Howey zu dem Schluss, dass Selfpublisher für den E-Book-Markt auf das bessere Geschäftsmodell gesetzt haben als die Autoren der fünf großen US-Verlage. Nun folgte seine dritte Marktauswertung. Die zentralen Ergebnisse im Überblick:
- Anteil der „Big 5“-Bestseller geht zurück: Amazon erweitert seine Bestsellerlisten um neue (Unter-)Kategorien und schafft so Sichtbarkeit für mehr Titel. Dadurch haben unbekanntere Titel die Chance auf einen virtuellen Regalplatz. Die Zahl der „Big-5“-Autoren auf den Amazon-Bestsellerlisten hat sich in der Folge um 4 Prozenpunkte auf 16% verringert.
- Fast jeder dritte verkaufte E-Book-Bestseller stammt von Selfpublishern: Betrachtet man den täglichen E-Book-Absatz, ergibt sich seit der ersten Auswertung im Februar 2014 bis heute ein konstantes Bild. Demnach zeichnen Selfpublishing-Autoren (von Howey als Indie-Autoren etikettiert) für 31% der Verkäufe verantwortlich. Zum Vergleich: Von Amazon verlegte Autoren stehen für 6%, die Big-5-Autoren für 38%.
- Marktanteil der Selfpublishing-Titel stabil: Beim Blick auf den E-Book-Umsatz ergibt sich ein etwas anderes Bild. Der deutlich höhere Durchschnittspreis der Titel großer Verlage verschafft den Big 5 einen Umsatzanteil von 53%, während die Selfpublisher 17% des Gesamtumsatzes erwirtschaften (Februar: 15%, Mai: 16%).
- Selfpublisher verdienen mehr: Seit Februar ist das Einkommen der Big-5-Autoren gesunken, während die Selfpublisher zulegen konnten. Anteilig vereinen die Selfpublisher 39% des Einkommens auf sich und haben die Big-5-Autoren (37%) hinter sich gelassen. Das bedeutet für die Selfpublishing-Autoren einen Zuwachs von 4% seit Februar.
- DRM hemmt E-Book-Verkäufe: Für E-Book-Piraten ist DRM laut Howey nur ein leichtes Hindernis, für Kunden hingegen ein großes Ärgernis. Trotzdem sind nahezu alle der bei Amazon angebotenen Titel von Großverlagen mit digitalem Kopierschutz versehen. Von den unabhängig publizierten Titeln ist nur jeder zweite kopiergeschützt. 64% der E-Book-Verkäufe gehen aufs Konto der DRM-freien Hälfte. Howey rät von Kopierschutz ab – zumal dieser auf jedem Preisniveau zulasten des E-Book-Absatzes gehe.
- Selfpublishing funktioniert nicht nur in bestimmten Genres: In den Segmenten Romance und Science Fiction/Fantasy dominieren Selfpublishing-Autoren mit Marktanteilen von 66 bzw. 56%. Die Big-5-Autoren haben vor allem im Bereich Mystery/Thriller (54%) die Nase vorn. Die Anteile der Selfpublisher wachsen allerdings in allen Warengruppen. Sie sind keineswegs so festgelegt auf bestimmte Genres wie gemeinhin angenommen: Erotische Literatur macht beispielsweise nur 1,2% der E-Book-Verkäufe aus.
Seit der ersten Erhebung im Februar steigen die Einnahmen der Self-Publisher auf dem E-Book-Markt, die mittlerweile 40% der E-Book-Einkünfte von Autoren einnehmen. Auch wenn es Howey noch zu früh erscheint, zu beurteilen, ob es sich bei der wachsenden Bedeutung der Selfpublisher um einen globalen oder saisonalen Trend handelt, sieht er die Indie-Bewegung als manifesten Bestandteil des E-Book-Marktes.
Die Daten selbst sind nur eingeschränkt repräsentativ, da sie auf den Kindle-Bestsellerrankings von Amazon basieren. Viele Verleger vermuten, dass Amazon nicht nur Umsatzkriterien berücksichtigt, sondern auch andere Faktoren in den Algorithmus seiner Bestsellerplatzierungen einfließen lässt. Zudem berücksichtigt Howey nur E-Book-Verkäufe und damit nur einen Ausschnitt des Marktes, obwohl die meisten Verlage noch immer den Großteil ihres Umsatzes mit gedruckten Büchern bestreiten.
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