Romane waren die Treiber, die in den letzten Jahren unbeeindruckt von Schwächen in anderen Segmenten des Buchhandels für Stabilität sorgten. Sie waren die Treiber? Tatsächlich machen Buchhändler in diesen Tagen die schmerzliche Erfahrung, dass die Belletristik nicht annähernd an die Vorjahreswerte herankommt. Die Erholung der Buchkonjunktur, die Ende Juli eingesetzt hatte, gerät dadurch insgesamt erst einmal wieder ins Stocken.
Warum das Romangeschäft aktuell stottert:
- Die Latte liegt hoch: Vor einem Jahr hatte es starke zweistellige Zuwächse gegeben vor allem durch die hochpreisigen Topseller „Das verlorene Symbol“ (Dan Brown) und Frank Schätzings „Limit“ (je 26 Euro).
- An deren Absatzzahlen kommt der ebenfalls in der internationalen Topseller-Liga antretende Ken Follett („Sturz der Titanen“, 28 Euro) zumindest in der Startphase nicht heran.
- Der Literaturnobelpreis für Herta Müller löste vor einem Jahr in Deutschland einen deutlichen Nachfrageschub aus, an die der diesjährige Preisträger Mario Vargas Llosa bei allem Renommee nicht annähernd herankommt.
- Auch der Kaufimpuls durch den Deutschen Buchpreis war bei der Vorjahressiegerin Kathrin Schmidt („Du stirbst nicht“) stärker als aktuell für Melinda Nadj Abonjis „Tauben fliegen auf“.
Brown und Schätzing waren so stark wie die aktuelle Top 50
Vergleicht man die vergangene Woche mit dem entsprechenden Zeitraum 2009, ergeben sich so insgesamt dramatische Unterschiede im Romanfach:
- Die aktuelle Top 50 der SPIEGEL-Bestsellerliste Hardcover Belletristik (s.S. 26) haben vergangene Woche im stationären Buchhandel weniger als die Hälfte dessen umgesetzt, was die Top 50 vor einem Jahr in die Kassen gespült haben.
- Die starke Abweichung ist nicht nur, aber doch wesentlich auf die absoluten Top-Titel zurückzuführen: Allein Brown und Schätzing hatten damals so viel umgesetzt wie aktuell die kompletten Top 50.
Dass dies auf den Gesamtumsatz der Buchhandlungen nur gedämpft durchschlägt, liegt an der anhaltenden Stärke gebundener Sachbücher (+20%) sowie an kleineren Zuwächsen im Kinder- und Jugendbuch, bei Reise und Ratgebern sowie dem Trend, Kalender wieder früher einzukaufen.
Zugkraft von Bestsellern
Die Verkaufszahlen hinter dem Bestsellerranking weichen üblicherweise je nach Jahreszeit und Attraktivität der Topseller stark ab. Die Momentaufnahme der aktuellen Wochenliste stützt die These, dass tendenziell bei nicht so extrem dominanten Topsellern die nachfolgenden Titel besser gefragt sind.
Rang, Titel Relation Vorjahr
1 Follett: Sturz der Titanen 16%
2 Adler-Olsen: Schändung 28%
3 Adler-Olsen: Erbarmen 65%
4 Funke: Reckless 120%
5 Franzen: Freiheit 112%
6 Stroud: Bartimäus.
Der Ring… 122%
7 Kürthy: Endlich! 115%
8 Jaud: Hummeldumm 105%
9 Stratmann: Sie da oben… 103%
10 Nadj Abonji: Tauben… 102%
Lesehilfe: Folletts „Sturz der Titanen“ ist zwar aktuell mit großem Vorsprung die Nummer 1, kam bei den verkauften Stückzahlen aber nur auf 16% des Absatzes von Dan Brown, der vor einem Jahr auf Rang 1 stand. Auch Jussi Adler-Olsen verkauft sich mit seinen beiden Titeln derzeit in geringeren Stückzahlen als die Nummer 2 (Schätzing) und 3 (Herta Müller) in der Vorjahreswoche. Dafür kommen die nachfolgenden Titel auf etwas höhere Verkaufszahlen, können aber in der Summe nicht die geringeren Zahlen an der Tabellenspitze ausgleichen.
Quelle: buchreport
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