Der schottische Verlag Canongate hat heute die „Unautorisierte Autobiografie“ von Julian Assange veröffentlicht – fünf Monate nach dem ursprünglich geplanten Termin und gegen dessen Willen. Der Verlag begründet dies damit, dass Assange den Vorschuss nicht zurückzahlen konnte.
Der Wikileaks-Gründer, der aktuell in Großbritannien unter Hausarrest steht, weil er verdächtigt wird, in Stockholm zwei Frauen sexuell missbraucht zu haben, hatte zuletzt versucht, das Buch zu verhindern. Darin schildert er erstmals in einem ganzen Kapitel die Hintergründe der Vergewaltigungsvorwürfe aus seiner Sicht: Die Vorwürfe, er habe zwei Frauen vergewaltigt, seien entweder Teil einer Verschwörung oder das Resultat dessen, dass er die Anrufe der beiden Frauen nicht beantwortet habe.
Der Verlag hat Assange nach eigenen Angaben vor die Wahl gestellt, entweder die Veröffentlichung abzusegnen, oder den Vorschuss (angeblich 400.000 Pfund) zurückzuzahlen – und am Ende, da Assange den Vorschuss nicht zurückgezahlt habe, das Buch veröffentlicht.
In einer Stellungnahme erklärt der Verlag, Assange habe für das Buch dem Ghostwriter Andrew O’Hagan über 50 Stunden lang Interviews gegeben. Doch vier Monate nach Unterzeichnung des Vertrags, nach der Lektüre des ersten Entwurfs Ende März, habe Assange einen Rückzieher machen wollen: „Alle Memoiren sind Prostitution.“
Der „Bookseller“ zitiert Assange damit, dass ihm Canongate-Verleger Jamie Byng im Mai zugesichert habe, das Buch nicht ohne seine Erlaubnis zu veröffentlichen; man habe sich auf eine neue Fassung des Buches verständigt, das Assange selbst schreibe und im Frühjahr 2012 veröffentlicht werden sollte. Seitdem habe Byng seine Anrufe nicht entgegen genommen, erst Anfang September habe man ihn über die Publikation informiert.
Im Juni 2011, nachdem bis dato 38 Verlage weltweit Lizenzen eingekauft hatten (darunter Feltrinelli in Italien, Laffont in Frankreich, Mondadori/Random House in Spanien und in den USA Alfred A. Knopf), habe Assange schließlich seinen Vertrag kündigen wollen, habe zu diesem Zeitpunkt aber schon den Vorschuss seinen Anwälten weitergereicht, um die Kosten für die juristische Auseinandersetzung zu decken. „Wir haben uns entschieden, den Vertrag zu erfüllen und zu veröffentlichen“, schreibt der Verlag. Man werde Assange auch Tantiemen zahlen. Veröffentlicht werde der erste Entwurf, den Assange im März zur Lektüre erhalten habe und der den Ansprüchen des ursprünglichen Angebots entspreche.
Das Buch kostet 20 Pfund als Hardcover, 14,99 Pfund als Paperback und 14,99 Pfund als E-Book (Preisempfehlungen des Verlags).
Im Juli hatte bereits der „Guardian“ berichtet, dass Assange befürchtet, den Staatsanwälten durch die Veröffentlichung seiner Erinnerungen Munition für ihre Versuche zu liefern, ihn in die USA ausliefern zu lassen. Dort wird wegen des Verdachts terroristischer Aktivitäten im Zusammenhang mit Wikileaks gegen ihn ermittelt. Der „Independent“ berichtet, Assange habe moniert, das Buch enthalte zu viel persönliche Passagen, während der Manifest-Teil zu kurz sei. Außerdem bringt der „Independent“ Auszüge aus dem Buch (hier, hier und hier)
In Deutschland hat Kiepenheuer & Witsch eine Option auf den Titel, die Entscheidung soll bis kommenden Montag, 29. September, fallen.
Ob das den amerikanischen Behörden und Selbstjustizlern wirklich nur zufällig in ihren Kram passt? Zweifel sind angesagt!