Der Züricher Verleger Egon Ammann ist im Alter von 75 Jahren gestorben, meldet der S. Fischer Verlag. Ammann gründete 1981 gemeinsam mit seiner Frau Marie-Luise Flammersfeld seinen Verlag, der mit seinem anspruchsvollen literarischen Programm zu den renommierteren Adressen der Branche zählte. Mit der Verlagsaufgabe im Jahr 2010 kündigte Ammann an, künftig den Literaturbetrieb nur „als Zuschauer“ verfolgen zu wollen, „nicht als Beteiligter“.
Zur Gründung des Egon Ammann Verlags 1981 existiert eine Legende: Ammann habe einen Vertrag mit seinem ersten Autor Thomas Hürlimann in einer Kneipe in Berlin-Kreuzberg auf einem Bierdeckel gemacht. Gegenüber buchreport berichtete Ammann über die näheren Umstände Folgendes: „Strenggenommen haben wir den Verlag wegen Thomas gegründet“. Der Schweizer Autor Thomas Hürlimann, gerade mit seinem ersten Theaterstück „Großvater und Halbbruder“ bekannt geworden, habe eines Tages im Hause Egon Ammanns einen Briefbogen entdeckt, auf dessen Kopf ein befreundeter Grafiker „Ammann Verlag“ gedruckt hatte. „Ein Gag, nichts weiter“, sagte Ammann, „aber Thomas sah diesen Briefkopf und schrieb auf einen Bierdeckel ‚Wenn Sie einen Verlag gründen, ist das ein Vertrag‘.“
Im Laufe der Zeit verlegte Ammann ein bedeutendes literarisches Programm mit Schweizer Autoren wie Urs Allemann, Urs Jaeggi, Marcel Konrad, Helen Meier oder Arthur Steiner. Dabei gelangen ihm immer wieder seltene Entdeckungen wie die Fernando Pessoas oder des Nobelpreisträgers Wolé Soyinka. Außerdem verlegte er große Werkeditionen von Pessoa, Ossip Mandelstam und Ralph Ellison.
Mit seinem anspruchsvollen literarischen Programm, das am Ende nahezu 1000 Titel umfasste, zählte das Zürcher Verlagshaus zu den renommierteren Adressen der Branche. Nicht nur verschaffte man den heute erfolgreichen Autoren wie Julia Franck den ersten Auftritt („Der neue Koch“, 1997), auch mit klassischer Moderne – etwa den Neuübersetzungen der Bücher Fjodor Dostojewskis durch die Übersetzerin Swetlana Geier – erregte der Verlag über die Schweizer Grenzen hinaus Aufmerksamkeit. Dank der Romane des Franzosen Eric-Emmanuel Schmidt („Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“) konnten seit 2002 auch regelmäßig Bestseller vorgelegt werden.
Das überraschende Ende des Verlags begründeten Ammann und Flammersfeld mit dem „fortgeschrittenen Alter der Verleger“ sowie „einer Marktsituation, die für Literatur zunehmend schwieriger wird“. Das Unternehmen wurde bereits seit mehreren Jahren von der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck finanziell unterstützt; Holtzbrinck-Erbin und S. Fischer-Verlegerin Monika Schoeller war seit den 90er-Jahren als stille Mehrheitsgesellschafterin bei Ammann engagiert. S. Fischer übernahm den Vertrieb für die Ammann-Bücher, des Weiteren bestand eine enge programmatische Zusammenarbeit durch Taschenbuchlizenzen, die nach 2010 in die Fortsetzung von großen Ammann-Projekten bei Fischer mündete.
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