Die Veröffentlichung der deutschen Ausgabe von Julian Assanges (Foto: re.) unautorisierten Memoiren entwickelt sich zur Hängepartie. Auch der Dumont Buchverlag macht, wie zuvor Kiepenheuer & Witsch, einen Rückzieher.
Dumont hatte erst vor zwei Wochen erklärt, dass der Verlag die „unautorisierte Autobiografie” des Wikileaks-Gründers herausbringen wolle; der Erscheinungstermin stehe allerdings nicht fest, hieß es. Das Buch sei ein „singuläres Dokument“, erklärte Dumont-Verleger Jo Lendle (Foto: li.) auf buchreport-Anfrage: „der hochinteressante, überaus lebendig erzählte Einblick in ein außergewöhnliches Leben“. Inzwischen erklärte eine Verlagssprecherin auf Anfrage von buchreport.de, das Buch werde doch nicht bei Dumont erscheinen – ohne Gründe zu nennen.
Kiepenheuer & Witsch und Knopf lehnten auch ab
Ende September hatten die Kölner Kiwi-Kollegen, die eine Option auf die Rechte hatten, ebenfalls die Veröffentlichung der Autobiographie abgelehnt. Begründung: Dies sei ein anderes Buch als das, das die Welt erwartet habe – weil Assanges Lebensgeschichte nach langen Auseinandersetzungen letztlich unautorisiert erschienen sei. In den USA hatte Knopf Publishers erklärt, die Autobiografie nicht zu veröffentlichen.
Hinter dem Veto der Verlage dürften einerseits finanzielle Sorgen stehen – Assange könnte auf juristischem Wege gegen die nicht-autorisierte Veröffentlichung vorgehen. Die Furcht dürfte noch einmal verstärkt worden sein, nachdem Assange Anfang der Woche (24. Oktober) vor die Kameras trat und über die akute Geldnot von Wikileaks berichtete. In diesem Rahmen kündigte er an, juristisch gegen Finanzunternehmen vorzugehen, die sich weigerten, Spenden an Wikileaks weiterzuleiten.
Rüstet sich Canongate für Prozess?
Der schottische Verlag Canongate, der die Memoiren in Großbritannien herausgebracht hat und die Rechte weltweit verkauft, trennte sich kürzlich von seiner Beteiligung am australischen Verlag Text Publishing – worauf in der Branche gemunkelt wurde, Canongate wolle Geld für Anwälte in die Kasse spülen (was der Verlag allerdings dementiert hat).
Andererseits gibt es Hinweise darauf, dass sich das Buch bisher weltweit nur schleppend verkauft. In den USA rangiert der Titel auf der Bücher-Bestsellerliste von Amazon auf Platz 171.725, in Großbritannien (wo Medien groß und breit aus dem Buch zitiert haben) nur auf Rang 7623 (Stand: 27. Oktober 2011). Laut „Bookseller“ wurden trotz großen Medienechos in Großbritannien an den ersten drei Tagen nach dem Start gerade einmal 644 Exemplare verkauft.
Der wegen Vergewaltigungsvorwürfen unter Hausarrest stehende Assange hatte vergeblich versucht, die Autobiografie zu verhindern (hier mehr). Zuletzt veröffentlichte der Wikileaks-Gründer Mitschriften der Telefonate mit Canongate-Chef Jamie Byng und die sonstige Korrespondenz mit dem Verlag (hier). Demnach hat Byng dem Wikileaks-Chef noch Mitte Juni zugesichert, nicht gegen seinen Willen die Autobiografie zu veröffentlichen.
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