Die bittere Geschichte des seit Jahren taumelnden Verlags Reader’s Digest UK wird um ein weiteres Kapitel erweitert: In Großbritannien hat der Private-Equity-Investor Jon Moulton (Better Capital) den Verlag für eine symbolische Summe (1 Pfund) an den Wagniskapitalgeber Mike Luckwell weitergereicht.
Moulton hatte das Unternehmen 2010 aus der Insolvenz herausgekauft und laut „Guardian“ insgesamt 23 Mio Pfund (darunter der Kaufpreis von 13 Mio Pfund) investiert, um die Zielgruppe zu verjüngen. Offenbar glücklos, vor einem Jahr wurde, wie berichtet, ein Großteil der Mitarbeiter entlassen. Besonders die Abteilungen für Buch, DVD und CD wurden ausgedünnt.
Der schwerreiche Luckwell wolle mit RD die Zielgruppe der „munteren Über-50-Jährigen“ erreichen; mit dieser Klientel mache der Wettbewerber-Titel „Saga“ – der auch Reisen und Versicherungen verkaufe – gute Geschäfte. Durch den Kauf habe er Zugriff auf mehr als 1,5 Mio Kunden, von denen nur 9% zuletzt ein RD-Produkt gekauft habe, wird Luckwell zitiert.
Die Zeitschrift selbst, die in den 1990-ern in Großbritannien noch eine AUflage von 2 Mio Exemplare hatte, wird aktuell nach Medienberichten nur noch an eine halbe Mio Leser verschickt.
Luckwell, der neue RD-Verleger, hat in seiner Investorenkarriere besonders in Fernseh- und Werbeunternehmen investiert, darunter HIT Entertainment, Produzent der Kinder-Fernsehsendung „Bob der Baumeister“ (2005 an Apax verkauft).
Die britische RD-Firma operiert getrennt vom US-amerikanischen Mutterkonzern, der aber ebenfalls kriselt. Dieser hatte 2009 einen „geordneten Konkurs“ angemeldet, ein drastischer Umbau der Firma folgte, um die Schuldenlast von 2,2 Mrd auf 550 Mio Dollar zu verringern. Doch das Manöver misslang: Vor einem Jahr, dreieinhalb Jahre nach dem ersten S.O.S.-Signal, meldete der Direktmarketing-Spezialist ein zweites Mal Insolvenz an. Ziel: Die Gesamtschulden von rund 1,2 Mrd Dollar um 80% abtragen.
Anlässlich der zweiten Insolvenz der US-Firma erklärte die Deutschland-Dependance seinerzeit, dass die Tochtergesellschaften in Deutschland, der Schweiz und Österreich (insgesamt rund 170 Mitarbeiter, Zentrale in Stuttgart) nicht betroffen seien. Hierzulande sei das Geschäft „hochprofitabel“.
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