Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang schlägt Alarm: Im Verbandsorgan „Börsenblatt“ ruft er das Jahr 2015 zum „Annus horribilis in der Geschichte des Verlagsrechts“ aus, wobei das „dicke Ende“ jetzt noch kommt. Im Blick hat er dabei das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12. November zur Verteilungspraxis von Verwertungsgesellschaften. Nach dem Richterspruch haben Verwerter wie Verlage keinen Anspruch darauf, an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften beteiligt zu werden (buchreport berichtete). Demnächst flattern Verlagen deshalb Rückforderungsschreiben ins Haus.
Gezwungen durch dieses Urteil „müssen VG Wort und andere Verwertúngsgesellschaften Verlagen Schreiben senden, mit denen sie hohe Beträge zurückfordern, die im Jahr 2012 an die Verlage ausgeschüttet worden waren“, erläutert Sprang. Nach dem EuGH-Urteil hätten sich VG Wort, GEMA und VG Kunst Rechtsgutachten erstellen lassen. „Darin sehen die juristischen Gutachter die Beteiligung von Verlagen an gesetzlichen Vergütungsansprüchen mehr denn je in Frage gestellt“, so der Justiziar weiter. „Als Sicherungsmaßnahme empfehlen sie deshalb, die in 2012 an die Verlage geleisteten Ausschüttungen, allein bei der VG Wort 40 Mio Euro, über alle Verwertungsgesellschaften hinweg wohl an die 100 Mio Euro, vorsichtshalber noch in 2015 in einer der Verjährung unterbrechenden Weise zurückzufordern.“
Die Verwertungsgesellschaften hätten „angesichts der ihnen in den Gutachten aufgezeigten persönlichen Haftungsrisiken keine andere Wahl, als die empfohlenen Sicherungsmaßnahmen zu beschließen.“ Dies führe dazu, dass „ alle Verlage, die 2012 Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften bekommen haben, in den nächsten Tagen anwaltliche Schreiben erhalten, mit denen mit kurzer Frist die Rückzahlung dieser Beträge eingefordert wird“.
Das bedeutet allerdings nicht, dass die Gelder sofort gezahlt werden müssen. Sprang zeichnet mehrere Möglichkeiten auf:
- Rückzahlung: Wählt ein Verlag diese Option, dann bewahrt die Verwertungsgesellschaft die Summe so lange auf, bis die Rechtslage in Deutschland geklärt ist.
- Widerspruch: Legt der Verlag Widerspruch ein, kann der Verlag in einem gerichtlichen Verfahren darlegen, warum er sich nicht zur Rückzahlung verpflichtet sieht.
- Verjährungsverzichtserklärung: Als „einfachste und eleganteste Möglichkeit, mit der Forderung umzugehen“, bezeichnet Sprang die Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung, die dem Anwaltsschreiben beigefügt ist. Die Verwertungsgesellschaft gewinne dadurch die Zeit, die endgültige Klärung der deutschen Rechtsituation abzuwarten“.
Dieser Prozess könne sich über mehrere Jahre hinziehen. Wichtig sei, „auf jeden Fall unverzüglich auf das Anschreiben zu reagieren.“ Bei Nichtstun müsse der Verlag mit einem Mahnbescheid rechnen.
Hier geht es zu dem ausführlichen Beitrag von Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang.
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