Produktionen verschieben, Kosten drücken und andere Wege zum Kunden finden: Die Buchwirtschaft stemmt sich mit Kreativität und Kurzarbeit gegen den Fall. Mit den angebotenen staatlichen Stützen versucht die margenarme Branche, das Tal zu überbrücken.
Dessen Tiefe für den populären Buchmarkt ist jetzt ausgelotet. So wirken sich die Corona-Schließungen aus:
- Der stationäre Buchhandel verliert pro Woche im Schnitt in einer Größenordnung zwischen zwei Drittel und drei Viertel seines Umsatzes. Das zeigen Media Control-Daten der beiden vergangenen Wochen, in denen Buchverkaufsstellen im deutschsprachigen Raum weitgehend geschlossen waren.
- Die Online-Shops haben nach buchreport-Berechnungen im Gegenzug zunächst leicht und jetzt in den ersten April-Tagen stärker zugelegt.
- Der Gesamtmarkt hat in den vergangenen beiden Wochen (KW13/14) mit den bisher striktesten Kontaktauflagen in einer Größenordnung von 40% verloren.
Um das einzuordnen die Zwischenbilanz auf Quartalsbasis: Der Shutdown ab Mitte März führt im Buchmarkt zu einem Umsatzrückgang um 8% im 1. Quartal. Im stationären Buchhandel fällt das Minus sogar zweistellig aus.
Um diesen Einschnitt überbrücken zu können, soll jetzt dringend der Brückenkopf in Sicht kommen. Deshalb hat die Politik in dieser Woche erste vorsichtige Signale ausgesandt, den Einzelhandel absehbar, wenn auch mit Distanz- und Hygieneauflagen, wieder ein Stück weit zu öffnen.
Rigide runtergefahren
So unauffällig das Buchhandelsjahr 2020 begonnen hat, mit einem Mini-Plus Ende Februar, so drastisch hat die Coronakrise alle feinsinnigeren Trend-Analysen und wohldurchdachten Marketing-Kalkulationen über den Haufen geworfen. Auch hinter dem Anfang März an dieser Stelle formulierten Satz („Es bleibt die große Ungewissheit, wie sich die Coronaviren-Saison entwickelt“) stand nicht die Erwartung einer Vollbremsung.
Die folgenden Zahlen auf Basis des Media Control-Handelspanels sind wie immer Durchschnittswerte, aber mit stärkerer Streuung als in gewöhnlichen Zeiten. Der massive Bremseffekt variiert ohnehin regional, auch weil das öffentliche Leben und der Handel in Österreich, der Schweiz und in Süddeutschland etwas früher und rigider heruntergefahren wurden.
- Deutschland: Über alle Vertriebswege hat der deutsche Buchmarkt im März 20% Umsatz verloren, das 1. Quartal endet damit fast 8% unter Vorjahr. Der stationäre Buchhandel hat im März sogar 30% verloren und hat dadurch im Jahresverlauf jetzt bereits gut 10% Rückstand. Hier geht es zu ausführlichen Analyse: Die Vollbremsung.
- Österreich und Schweiz: Der Gesamtbuchmarkt ist in beiden Märkten im März ein Viertel unter Vorjahr geblieben, stationär fehlen sogar mehr als 40%. Hier geht es zur Aufschlüsselung der Entwicklung in Österreich, hier zur Lage in der Schweiz.
Anders als im Februar, als auch 3 Sachbücher zu den umsatzstärksten Titeln zählten, haben im März 10 belletristische Titel am meisten zum (reduzierten) Umsatz beigetragen – mit Lutz Seilers Nachwenderoman als klarem Marktführer (s. Tabelle)
Die umsatzstärksten Titel im März | ||
1. | Seiler: Stern 111 (Suhrkamp) | 24,00 |
2. | Wolf: Ostfriesenhölle (Fischer) | 12,00 |
3. | Mercier: Das Gewicht der Worte (Hanser) | 26,00 |
4. | Owens: Der Gesang der Flusskrebse (Hanserblau) | 22,00 |
5. | Colombani: Das Haus der Frauen (Fischer) | 20,00 |
6. | Riley: Die Mondschwester (Goldmann) | 10,99 |
7. | Grisham: Die Wächter (Heyne) | 24,00 |
8. | Helfer: Die Bagage (Hanser) | 19,00 |
9. | Kling: Das NEINhorn (Carlsen) | 13,00 |
10. | Schulze: Die rechtschaffenen Mörder (Fischer) | 21,00 |
Erhebungszeitraum März 2020 in Deutschland, Österreich und der Schweiz; Preise in Euro für Deutschland Quelle: Media-Control-Handelspanel |
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