Ted Hill (THA Consulting) hat für die Book Industry Study Group den US-Markt für Abomodelle untersucht. Ein Ergebnis: Die Offenheit der Verlage für das neue Geschäftsmodell ist groß. Erst 7% der US-Publikumsverlage verdienen damit relevant Geld, aber 80% der Befragten glauben, dass Abomodelle „unaufhaltbar“ sind und 84% erwarten positive Impulse in den kommenden fünf Jahren. Mehr zur Studie ist in einem ausführlichen Artikel im buchreport.express 24/2014 zu lesen (hier zu bestellen).
Im Interview skizziert Hill die Perspektiven der Abomodelle und erklärt, warum diese gerade für kleinere Verlage interessant sein könnten.
Mit HarperCollins und Simon & Schuster haben zwei der Big-5-Verlage Titel an Aboanbieter gegeben. Ist 2014 das Jahr des Durchbruchs für Abomodelle?
In einzelnen Verlagsbranchen haben Abomodelle bereits den Durchbruch erzielt, bei den Publikumsverlagen gehe ich davon aus, dass dieses Jahr entscheidende Weichenstellungen erfolgen. Noch gibt es keine klare Linie, HarperCollins und Simon & Schuster sind bei den neuen Abomodellen frühzeitig an Bord, während Hachette und Random House noch warten. Viel wird davon abhängen, ob unser Branchen-Gorilla Amazon dieses Geschäftsfeld ausbaut.
Amazon hat schon die Kindle-Leihbücherei?…
Ja, aber es gibt Gerüchte, dass Amazon mit einem neuen Angebot bei Verlagen anklopft, das es mit Scribd und Oyster aufnehmen soll. Wettbewerb ist grundsätzlich gut, doch Amazon hat entscheidende Vorteile. Der Wert der Neukundengewinnung ist für Amazon größer, weil diesen neben Büchern auch Windeln und Kühlschränke verkauft werden können. Deshalb investiert Amazon mehr Geld in Neukundengewinnung als andere.
Es gibt derzeit eine Vielzahl an Geschäftsmodellen. Welches wird sich durchsetzen?
Die Medienwelt ist sehr komplex, insofern erwarte ich nicht unbedingt, dass eines der Geschäftsmodelle dominieren wird. Stattdessen könnten sich verschiedene Modelle für einzelne Marktsegmente etablieren. Bei der Frontlist erwarte ich, dass sich Bezahlmodelle durchsetzen werden. Am anderen Ende des Spektrums könnte sich ein Kostenlosmodell mit Werbefinanzierung etablieren.
Ist die Komplexität dem Kunden vermittelbar?
Sicher. Insgesamt ist in meiner vierköpfigen Familie mehr als ein Dutzend Abomodelle im Einsatz, die jeweils unterschiedlich ausfallen. Im Musikbereich nutzen wir iTunes ebenso wie Spotify oder Pandora. Filme beziehe ich sowohl über den Sender HBO als auch über Netflix.
Also werden die Buchregale in den Haushalten demnächst leer gefegt sein?
Davor haben die Verlage Angst. Ein CEO erzählte mir, dass die Ausgaben seiner Tochter für Musik – rund 25 Dollar pro Monat bei iTunes – mit dem Abo von Spotify auf 10 Dollar gesunken sind.
Laut Nielsen geben die Buchabonnenten aber mehr Geld aus.
Das scheint im Moment so zu sein. Ob das auch in drei Jahren noch der Fall ist, bleibt abzuwarten. Zumindest die Vielleser werden nach Abschluss eines Abonnements weniger Geld für Bücher ausgeben.
Werden Abomodelle disruptiv wirken?
Neue Verkaufskanäle sind immer eine Disruption für die angrenzenden Kanäle, insofern erwarte ich Auswirkungen im Buchhandel. Auch bei den Verlagen wird es Gewinner und Verlierer geben. Interessante Perspektiven ergeben sich vielleicht gerade für kleinere Verlage, die ihre Nische intensiv bearbeiten, den Kunden gut kennen und mit Abomodellen Leser-Communitys bauen können, wie es größeren Verlagen nur schwer gelingt.
Warum erfolgen die meisten Vorstöße im Abobereich von Firmen außerhalb der Branche?
O’Reilly und Pearson haben immerhin schon vor 13 Jahren mit Safari Books Online einen Abodienst gestartet, wenn auch primär für den Fachbuchbereich. Im Publikumsmarkt sieht die Situation anders aus. Ich bin sicher, dass Random House sofort und ohne Hilfe in dieses Geschäft einsteigen könnte. Penguin Random House-COO Madeline McIntosh hat mir aber bei meiner Umfrage sinngemäß erklärt, dass die Leser mit dem vorhandenen Angebot zufrieden seien, es gebe keinen Grund, sie in eine neue Richtung zu drängen. Solche Verlage schützen ihre Autoren, Marken und Erlöse, das kann eine sehr gute Strategie sein.
Wie hoch wird der Marktanteil von Abomodellen in fünf Jahren ausfallen?
Ich rechne damit, dass rund die Hälfte des US-amerikanischen E-Book-Marktes auf Abos entfallen wird, auf den Absatz bezogen. Der Umsatz wird womöglich nur bei 20 bis 30% liegen.
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