Die Feuilletons besprechen blattauf, blattab die Verleihung des mit 20.000 Euro dotierten Börne-Preises für kritischen Journalismus an Deutschlands prominenteste Feministin (und im Buchhandel gern gesehene Bestseller-Autorin), Alice Schwarzer. Spiegel Online beobachtet, dass neben Salomon Korn, dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Großkritiker Marcel Reich-Ranicki „viele alte Schlachtrösser der Frauenbewegung, wenige junge“ in der Paulskirche gewesen seien. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (die die Dankesrede und Laudatio im Print komplett abdruckt) meint, dass die Preisträgerin und ihr Laudator Harald Schmidt „ätzend und witzig“ mit der sogenannten neuen Girlie-Welle abgerechnet hätten. Die 65-Jährige habe auf Bücher wie „Wir Alphamädchen“ und „Neue deutsche Mädchen“ verwiesen, deren Autorinnen ihren Feminismus teils für überholt erklärt hatten. „Diese späten Mädchen sind Propagandistinnen eines Wellness-Feminismus“, zitiert die „FAZ“ die „Emma“-Gründerin. Schmidt habe sich mit Blick auf Charlotte Roches Roman „Feuchtgebiete“ in seiner Rede gefragt, „wo die Girlies sind“ – in den Chefetagen und Gehaltsklassen der Männer seien sie jedenfalls nicht angekommen. Die „Frankfurter Rundschau“ hatte weniger Gefalle an Schmidts Rede. Er habe sich seine „Rolle als bestbezahlter Scherzbold vom Dienst“ nicht verkneifen können. Immerhin habe Schmidt Schwarzers wichtiges Buch über dem Tod von Petra Kelly und Gert Bastian gelesen. „In seiner von Spitzen gegen die Preisträgerin nicht freien Rede attestierte er ihr in diesem Zusammenhang etwas unpassend, sie schreibe mit ,heißem Herzen‘ – dergleichen geht dem Berufszyniker selbstredend völlig ab – und sie lange ,richtig hin‘.“
spiegel.de, faz.net, faz.net (Laudatio), fr-online.de
VERLAGE
Rowohlt: feiert 100. Geburtstag – und hat mit Daniel Kehlmann eine „Cashcow im Stall, an deren Euter das eine oder andere hoffnungsvolle literarische Kälbchen genährt werden kann“.
fr-online.de
BUCHHANDEL
Schweiz: In der Westschweiz kostet ein Buch 40% mehr als in Frankreich – wegen des Endes der Preisbindung.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 39)
BÜCHER & AUTOREN
Solothurner Literaturtage: Bundesrat Moritz Leuenberger hat am Samstag sein Buch „Lüge, List und Leidenschaft“ vorgestellt – großer Publikumsandrang, 700 Zuhörer.
nzz.ch
Gerhart Hauptmann: „Seine Romane und Erzählungen sind allesamt missraten, oft indiskret und exhibitionistisch“ (schreibt Marcel Reich-Ranicki).
faz.net
Eva Herman: Interview anlässlich der Veröffentlichung ihres neuen Buches über ihr Karriereende, ihre umstrittenen Äußerungen zur NS-Familienpolitik und die Fehlleistungen von Moderator Johannes B. Kerner.
stern.de
Michel Houellebecq: Mutter Lucie Ceccaldi (83) rächt sich per Buch („L’innocente“, ab 7. Mai bei Editions Scali) für die Kritik des Sohnes – sie möchte ihrem Sohn „am liebsten eins in die Fresse hauen“.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 38)
Nick Hornby: und andere Autoren haben sich dem Protest gegen die britische Supermarktkette Tesco angeschlossen, die Diskussionen über die aggressiven Expansionspläne des Unternehmens in Thailand abwürgt.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 39)
Thomas Pynchon: Interview mit Amerikanistikprofessor Heinz Ickstadt über den abnehmenden Grad der mythischen Verästelung in Pynchons Werk.
welt.de
Charlotte Roche: Der Gegenentwurf zu Heidi Klum ist bestenfalls Germany’s Next Elke Heidenreich.
welt.de
Charlotte Roche, Heidi Klum: Zwei Medienphänomene – “Roche ist bei weitem nicht so wichtig, Klum nicht so doof, wie gern behauptet wird. Sie wollen nur spielen.“
„Spiegel“ (Seite 112)
ONLINE
Datenschutz: Verschwindet das Bewusstsein für geistiges Eigentum im Netz? (Interview mit Plagiatsforscher Stefan Weber).
faz.net
Yahoo: Experten prophezeien Kursrutsch von bis zu 30% wegen geplatzter Übernahme durch Microsoft.
spiegel.de, faz.net, sueddeutsche.de, handelsblatt.com
Amazon, Google, Microsoft: kämpfen um „The Cloud“ – riesige Datenzentren, mit denen sich alle Computer und Mobiltelefone zum Supernetz zusammenschalten.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 21)
Soziale Netzwerke: werden zum Massenphänomen – 10 Mio Deutsche machen mit.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 21)
Twitter: Kurznachrichtendienst, mit dem Texte und Links bis zu einer Länge von 140 Zeichen über SMS, E-Mail oder im Web verschickt werden können, liegt im Trend.
„Handelsblatt“ (Seite 22)
MEDIEN & MÄRKTE
Dienstleistungen: Apotheker, Friseure und Bäcker sind nach Einschätzung von Kunden die besten Dienstleister; deutlich verbessert hat sich der Service auch im Buchhandel.
sueddeutsche.de
Fernsehen: Wie ARD und ZDF jüngeres Publikum anlocken möchten.
„Spiegel“ (Seite 108)
Einzelhandel: kämpft weiter für das Einkaufen am Sonntag – Beschränkungen sollen ausnahmsweise fallen.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 15)
Spiele: Ravensburger wird 125 Jahre alt und will im Gefolge von Nintendo die Welt der Elektronik erobern.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 20)
Zeitschriftenverlage: und Post begraben Kriegsbeil; vorerst kein Gratisblatt „Online aktuell“.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 42), ftd.de
Silver Surfer: Ältere Menschen bilden die gefragteste Zielgruppe im Medienmarkt – Problem ist ihr Konsumverhalten.
sueddeutsche.de
SZENE
Schiller-Schädel: er in der Weimarer Fürstengruft eingelagerte Schädel gehörte gar nicht dem berühmten deutschen Dichter.
spiegel.de, welt.de, faz.net, „Süddeutsche Zeitung“ (Seite 11), fr-online.de, „Spiegel“ (Seite 164)
Georg Salzmann: sammelt Erstausgaben von Büchern, die im Dritten Reich verboten waren.
welt.de
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