Games-Entwickler interessieren sich verstärkt für komplexere Inhalte. Buch-Bestseller dienen den Firmen als Trendmarken. Aktuell arbeitet Bigpoint an einer Spiele-Fassung von „Game of Thrones“ (George R.R. Martin). Ein Interview mit dem Kommunikationschef Nils-Holger Henning (Foto).
Henning ist Chief Communications Officer von Bigpoint, einem Software-Unternehmen, das sich auf Entwicklung und Vertrieb von Browser- und Online-Spielen spezialisiert hat. Aktuell arbeitet Bigpoint an einem Online-Rollenspiel auf Basis der Buch-Bestseller-Serie „Game of Thrones“. Hier die Webseite, hier der Trailer:
„Game of Thrones“ basiert auf der Buch-Serie „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R.R. Martin. Die TV-Serie dazu auf HBO entwickelte sich zum Hit. Wie war es, mit HBO zu arbeiten?
Nils-Holger Henning: Für uns ist das „Game of Thrones“-Online-Game ein ganz besonders aufregendes Projekt, da wir das herausragende Potenzial der Geschichte für ein erfolgreiches Online-Game bereits kennen gelernt haben. Wir arbeiten sehr eng mit HBO und George R.R. Martin zusammen. Von beiden erhalten wir enorme Unterstützung, um sicher zu stellen, dass das Spiel die fantastische, vielschichtige Handlung so genau wie möglich wiedergibt. George R.R. Martin ist begeistert von dem Projekt und unterstützt uns sehr.
Bigpoint ist einer der weltweit größten Anbieter von Browser- und Online-Games. Womit verdienen Sie ihr Geld?
Henning: Unser Geschäftsmodell, für das wir die Vorreiter in Europa sind, heißt free-to-play. Die Nutzung unserer Spiele ist absolut kostenlos, und man kann sie in seinem Browser spielen, ohne weitere kostspielige Anschaffungen. Das bedeutet, dass die Schwelle zum Einstieg für die Spieler extrem niedrig ist und wir ein viel größeres Publikum erreichen. Wenn man dann im Spiel ist, kann man verschiedene zusätzliche Funktionen kaufen, um zum Beispiel Zeit zu sparen oder um schneller Fortschritte im Spiel zu machen. Etwa 10% unserer Spieler sind bereit dazu. Ich bin davon überzeugt, dass sich die digitale Zukunft online abspielt; sie wird kostenlos und überall zugänglich sein. Denn das, was am Ende für die Konsumenten zählt, ist die einfache Nutzbarkeit.
Welche Rollen spielen „Stories“ wie die von „Game of Thrones“ grundsätzlich im Games-Sektor?
Henning: Der Erfolg von free-to-play-Browser-Games hat ganz neue Herausforderungen an die Entwickler von solchen Spielen gestellt. Die Spieler haben jetzt in Fragen der Qualität und der Story genau so hohe Erwartungen an Online-Games, wie sie sie an die eher traditionellen Konsolen- oder Computer-Spiele stellen. Aus diesem Grund müssen Online-Spiele vom ersten Moment an das Interesse wecken. Der gesamte Sektor der Online-Games rückt immer näher an Hollywood heran. Er eignet sich immer mehr Themen und Erzähltechniken vom Film und der Literatur an, um eine effektvolle und aufregende Welt für die Spieler zu erschaffen.
Oft heißt es, Science-Fiction sei das Genre, das am besten zum Internet passen würde. Trifft das auch auf Spiele zu?
Henning: Natürlich, Science-Fiction ist ein klassisches Genre für den Spiele-Sektor. Gerade bei Online-Games haben Weltraum-Motive sehr gut funktioniert. Hauptsächlich war das der vorwiegend männlichen Zielgruppe geschuldet. Aber es lag auch an den grafischen und technischen Einschränkungen, menschliche Körper in Bewegung darzustellen, im Vergleich zu statischen Objekten. In den vergangen Jahren hat der technologische Fortschritt die Qualität der grafischen Darstellungen aber enorm verbessert.
Welches Buch würden Sie gerne in einer multimedialen Form sehen, lesen oder spielen?
Henning: Ich würde unheimlich gerne „Avatar“ als Roman-Reihe lesen – und spielen. Suzanne Collins´ „Tribute von Panem“ wären auch eine gute Wahl.
Bigpoint ist mit einer ganzen Reihe von Medienunternehmen, wie NBC Universal, Viacom (MTV Europe), Pro7/SBS, Bertelsmann (RTL,M6), Orange und Telefonica Partnerschaft eingegangen. Was erhoffen Sie sich davon?
Henning: Bigpoint war eins der ersten Unternehmen, das die Bedeutung und das Potential von Medien-Partnerschaften verstanden hat. Im Moment konzentrieren wir uns vor allem auf die internationale Expansion. Neben den USA und Süd-Amerika sind Italien, Spanien, Frankreich und Großbritannien von besonderer Bedeutung für unsere geschäftliche Entwicklung. Buchverlage werden für uns ebenfalls immer interessanter. International erfolgreiche Bücher wie Stephanie Meyers „Twilight“ oder die „Tribute von Panem“ von Suzanne Collins zeigen uns, wo die Trends liegen und was vermutlich der nächste Blockbuster-Film wird.
Sie haben bereits Niederlassungen in Sao Paolo, San Francisco und Berlin eröffnet, außerdem sind Sie seit kurzem auch in Paris und London vertreten. Warum ist das Games-Geschäft so international orientiert?
Henning: Alle Menschen haben ein grundsätzliches Bedürfnis nach Spielen, ganz gleich, wo ihre Ursprünge liegen oder wie ihr kultureller Hintergrund aussieht. Spiele sind Entertainment und dadurch ihrer Natur nach darauf angelegt, Massenphänomene zu werden. Erfolgreich ist man dann, wenn man den größten gemeinsamen Nenner findet. Da wo die Nenner zu klein ist, kommen unsere „localisation“ Abteilung und das „Community Management“ ins Spiel – die stimmen die Spiele für die lokalen Märkte ab.
Im Mai haben Sie die Buchmesse-Konferenz StoryDrive China teilgenommen. Was interessiert Sie am chinesischen Markt besonders?
Henning: Der chinesische Markt ist einer der wichtigsten Wachstumsmärkte auf der ganzen Welt. Um das Potential, das der asiatische Markt bietet, effektiver zu nutzen, müssen wir den Aufbau von Partnerschaften forcieren. Ein anderer Grund für uns, dass wir die Konferenz besucht haben, liegt darin, dass die Buchindustrie sich immer schneller digitalisiert. Autoren wie Amanda Hocking, die ihre Arbeit einfach digital über Amazons Kindle veröffentlicht hat, nachdem sie keinen Verlag gefunden hatte, verdienen manchmal weit mehr als 100.000 Dollar im Monat. Dieser Trend zur Digitalisierung wird sich sogar noch ausweiten und Raum für neue Synergien schaffen.
Interview: Nina Klein, Übersetzung: Torge Frühschulz, Daniel Lenz
Das Interview ist zuerst im „Frankfurt Academy Quarterly“ (FAQ) erschienen, dem exklusiven Medium der Frankfurt Academy (Konferenzmarke der Frankfurter Buchmesse). Es erscheint vierteljährlich und informiert über wichtige internationale Branchentrends. Hier die Ausgabe mit dem Interview, hier die neueste Ausgabe.
Passend zum Thema:
StoryDrive Konferenz, Veranstaltung „Vom Buch zum Film zum Game und wieder zurück“, mit:
- Sir Richard Taylor, Creative Director, Weta Workshop, Neuseeland
- Martin Baynton, Autor und Illustrator, u. a. „Jane and the Dragon“, Neuseeland
- Greg Broadmore, Autor, Designer, u. a. Schöpfer von „Dr. Grordbort“, Neuseeland
- 12. Oktober, 13.30 – 14.30 Uhr
- http://www.buchmesse.de/de/academy/00209/
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