Amazon passt seine Einkaufspolitik an die verschärfte Coronavirus-Lage an: Waren, die nicht zur Grundversorgung gehören – darunter auch Bücher –, werden aktuell nicht mehr ans Lager genommen, auch beim Versand an Endkunden kommt es zu Verzögerungen.
Bereits gestern war bekannt geworden, dass Amazon in seinen Logistikzentren in den USA Kapazitäten freimacht, um Platz für Haushaltswaren, medizinische Hilfsmittel und andere aktuell stark nachgefragte Produkte zu schaffen. Das Gleiche gilt für Großbritannien und andere europäische Märkte.
Auch in Deutschland hat der Onlineriese jetzt Anbieter, darunter Verlage, informiert, dass ab sofort Artikel des täglichen Bedarfs vorrangig behandelt werden. Das heißt im Umkehrschluss: Um die dafür nötigen Lager- und Lieferkapazitäten zu schaffen, werden andere Waren aktuell nicht mehr an Lager genommen.
Die relevante Passage des verklausulierten Infoschreibens im Wortlaut:
„Aus diesem Grund priorisieren wir vorübergehend Haushaltswaren, Sanitätsartikel und andere Produkte mit hoher Nachfrage, die in unseren Logistikzentren eingehen, damit wir diese Produkte schneller annehmen, auffüllen und an Kunden liefern können.
Ab heute werden Sie folgende Veränderungen feststellen:
- Verringerte Anzahl an Bestellungen: Wir haben vorübergehend die Bestellung für Produkte ausgesetzt, bei denen es sich nicht um Haushaltswaren, Sanitätsartikel oder andere Produkte mit hoher Nachfrage handelt.
- Verlängerte Lieferfenster für bestehende Bestellungen: Wir haben die Versand-/Lieferfenster für einige vorhandene Bestellungen erweitert, damit Sie mehr Zeit haben, die Bestellung zu versenden. Bitte senden Sie Ihre Produkte gegen Ende des verlängerten Zeitfensters.
Dies gilt ab heute bis zum 5. April 2020. Wir werden Sie informieren, sobald wir wieder den regulären Betrieb aufnehmen. Uns ist bewusst, dass dies Auswirkungen auf Ihr Geschäft hat, und wir haben diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen.”
Was bedeutet die neue Bestellpraxis von Amazon für die Buchbranche?
Bücher werden in dem Schreiben nicht explizit genannt. Inwieweit sie zu den genannten „Produkten mit hoher Nachfrage” gehören, ist fraglich. Die US-amerikanische Independent Publishers Guild geht davon aus, dass gedruckte Bücher unter den Einkaufsstopp fallen. Aus der deutschen Branche ist dagegen zu hören, dass Amazon die aktuell besonders stark nachgefragten Kinderbücher und Beschäftigungstitel weiterhin reinlässt und sogar verstärkt einkauft.
Wenn Amazon aber in der Breite keine Bücher mehr einkauft, wäre das für die betroffenen Verlage ein großes Problem, weil Amazon in den meisten Sparten größter Abnehmer ist. Zudem ist der Online-Versandhandel derzeit der einzige gesicherte Vertriebskanal für gedruckte Bücher, nachdem Bund und Länder flächendeckende Ladenschließungen durchsetzen.
Für den stationären Buchhandel kann das in der Not dagegen eine Chance sein: Falls der Buchversender Nr. 1 in den kommenden Wochen im Segment nicht mehr die gewohnte Sortimentsbreite und Liefergeschwindigkeit bieten kann, können sie sich mit ihren Online-Shops, ihrem Social-Media- und Telefonmarketing plus Lieferdiensten profilieren.
Mein Buch „Money Talks and Bullshit Walks“ wird leider auch nicht mehr bei Amazon angeboten (lediglich als Kindle/E-Book), – aus gegebenen Anlass. Ich merke schmerzlich den Rückgang meiner Buchverkäufe und es zeigt sich, dass der Kunde – wie auch ich – sich an die unkomplizierte und schnelle Bestellung und Lieferung von Amazon gewöhnt hat, denn bei Buchhandlungen wird mein Buch aktuell auch nicht bestellt und gekauft, der Kunde weicht also (noch) nicht aus.