Larry Kirshbaums Abschied von Amazon Publishing hat bei Buchverlagen die Hoffnung geschürt, dass Amazon das Verlagsgeschäft zurückfährt. Dennoch sollten Verlage nicht den Fehler machen, sich zurückzulehnen, warnt US-Berater Mike Shatzkin (Foto). Vor allem der Genre-Literatur stünden schwere Zeiten bevor. Er sieht einen anderen Hoffnungsschimmer.
Auch wenn die Wachstumskurve im E-Book-Markt in den USA zuletzt abgeflacht ist: Es sei davon auszugehen, dass der Online-Handel (zugunsten von Amazon) weiter an Bedeutung gewinnt, prophezeit Shatzkin in seinem Blog mit Verweis auf den Generationswechsel, die Preiskämpfe im E-Book-Bereich und neue Lesegeräte.
80% Digitalanteil in der Genre-Literatur
Besonders die Genre-Literatur werde diese Entwicklung zu spüren bekommen. Dort werde der Digitalanteil auf absehbare Zeit bei 80% liegen, schätzt Shatzkin (also deutlich höher als in der allgemeinen Belletristik). Eine Entwicklung, von der insbesondere Amazon profitieren werde, weil durch das große Angebot (und möglicherweise neue Abomodelle) immer mehr Fans zu Amazon gelockt werden. Und da die meisten Leser dann bei Amazon zu finden sind, würden auch immer mehr Autoren Exklusivverträge mit dem Onliner abschließen, um sich höhere Tantiemen zu sichern, so Shatzkin.
Andererseits haben auch die Verlage aus Sicht des Beraters große Chancen in der Genre-Literatur, können sie doch in diesem Bereich eigene Marken aufbauen und direkte Kundenbeziehungen pflegen. (Passenderweise hat HarperCollins erst kürzlich ein eigenes E-Book-Portal zu den „Chroniken von Narnia“ entwickelt; hierzulande setzen beispielsweise auch die Egmont Verlagsgesellschaften stark auf die Fan-Pflege.)
Für illustrierte Bücher und Kinderbücher sehe die Situation auf lange Sicht anders aus, meint Shatzkin. Die Buchhandlungen werden weiterhin bedeutsam sein, auch wenn es weniger von ihnen geben werde.
Amazon könnte das Interesse verlieren
Der Verlagsindustrie werde Amazon dennoch nicht den Todesstoß versetzen, glaubt der US-Berater. Es bestehe die Hoffnung, dass Amazon letztlich das Interesse am Buchmarkt verliere, sobald andere Produkte höhere Margen versprechen. Amazon habe seinen Erfolg nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken, dass sich Jeff Bezos immer auf das Wichtigste konzentriert habe – dies werde künftig nicht der Handel mit Büchern sein.
Dennoch werden Verlage einem schwierigen Markt gegenüberstehen, bei dem der wichtigste Kunde gleichzeitig die größte Marktmacht habe und ein Wachstum abseits von Amazon immer schwerer zu erreichen sei. Doch wahrscheinlich werde diese Entwicklung so langsam vonstatten gehen, dass sie nicht einer Katastrophe ende – vorausgesetzt, dass Barnes & Noble und weitere E-Book-Händler die Entwicklungen überleben.
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