Die US-amerikanische Autorin Amy Giles ist am Freitagabend, 8. November, mit dem mit 5.000 Euro dotierten Jugendliteraturpreis Buxtehuder Bulle für ihr Erstlingswerk „Jetzt ist alles, was wir haben“ (übersetzt aus dem Englischen von Isabel Abedi; erschienen im cbj-Verlag) ausgezeichnet worden. Die rund zwölf Kilogramm schwere Bullen-Stahlplastik hat Giles aus den Händen von Buxtehudes Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt entgegengenommen.
„Jeder Jugendliteraturpreis sollte so funktionieren“
„Das war einer der beeindruckendsten Momente in meinem Leben“, sagte Giles bei der offiziellen Preisverleihung. Vor rund 500 Zuschauerinnen und Zuschauern auf der Buxtehuder Halepaghen-Bühne dankte sie der Stadt, der Jury und vor allem den jugendlichen Lesern: „Der Buxtehuder Bulle ist besonders: Jeder Jugendliteraturpreis sollte so funktionieren, dass die Zielgruppe mitentscheidet“, sagte die 53-Jährige: „Diese Auszeichnung zu erhalten, ist eine ungeheure Ehre.“
Eine besondere Laudatio kam von Isabel Abedi. Weil die Hamburger Autorin nicht persönlich anwesend sein konnte, wurde sie vorgelesen von der Leiterin der Stadtbibliothek Buxtehude Ulrike Mensching: „Ein wesentlicher Teil von mir ist jetzt hier“, schrieb Abedi. Sie ist die Übersetzerin des preisgekrönten Debütromas: „Die Wucht Deines Textes hat mich ergriffen. Hadley hat mir ihre Geschichte erzählt. Ihre leise, eindringliche Stimme, hat mich von der ersten bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen.“
Preisgekrönter Text thematisiert häusliche Gewalt
Laudatorin Renate Winkel von der Biss-Beratungsstelle gegen häusliche Gewalt der AWO Stade bezog sich in ihrer Rede vor allem auf das Grauen, das hinter der Geschichte steckt. Amy Giles habe ein emotionales Buch geschrieben, dass die Dynamik solch einer von Gewalt geprägten Familie „fühlbar“ mache: Weltweit habe jede dritte Frau körperliche Gewalt erfahren. Auch im Landkreis Stade komme häusliche Gewalt vor: 414 bekannte Fälle wurden 2018 registriert. „Amy Giles trifft einen Nerv.“ Denn es lohne sich immer ein Blick hinter die Fassade.
Im Zentrum des Romans steht Hadley. Perfekte Schülerin, perfekte Sportlerin, perfekte Tochter. Doch hinter die makellos erscheinende McCauley-Familie verbirgt sich ein hässliches Geheimnis.
Diesem Geheimnis – der häuslichen Gewalt – widmete sich eine kurze, aber intensive Diskussion zwischen Diplompädagoge Thomas Rupf und der stellvertretenden Leiterin des Jugendamtes Frauke Schulte. Rupf betonte: „Wir sind alle verantwortlich, das Handeln können wir von den betroffenen Kindern nicht erwarten.“
„Jury filtert treffsicher das Besondere heraus“
Buxtehudes Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt zollte der Jury Respekt – sowohl die elf jugendlichen als auch die elf erwachsenen Jury-Mitglieder votierten mehrheitlich für „Now is everything“ (so der englische Originaltitel). Im Beisein der Preisträgerin von 2013 Christine Fehér sagte sie: „Es gelingt unserer jährlich wechselnden Jury, treffsicher das Besondere unter der Flut an Neuerscheinungen herauszufiltern.“
Eindrucksvoll interpretierte die Buxtehuder Angela Glüsing das Thema. In einer etwa zehnminütigen Choreografie lieferte sie ihre tänzerische Interpretation von „Jetzt ist alles, was wir haben“. Geiger André Böttcher sorgte für den musikalischen Rahmen. Heimlicher Star der Preisverleihung war die Moderatorin: Durch den Abend führte die Hamburgerin Susann Atwell, die auch schon eine Oscar-Verleihung im Fernsehen begleitete.
Kontakt zwischen Autorin und Leserschaft bei Autogrammestunde
Im Anschluss an die Preisverleihung suchte Giles den Kontakt zu seinen Leserinnen und Lesern. Beim Signieren ihrer Bücher, kam sie ins Gespräch mit seinen Fans. Bereits am Donnerstagnachmittag hatte die 53-Jährige in Buxtehudes Altstadt die 48. Platte des Buxtehuder „BULLEvard“ – eine Messingplatte, versehen mit Namen des Siegers und des prämierten Buches, – gemeinsam mit Buxtehudes Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt enthüllt. Dabei hatte sie – sichtlich gerührt – betont, dass sie es freue, nun Teil der Geschichte Buxtehudes zu sein. „Ich werde meinen Kindern und auch meinen Enkelkindern immer wieder davon erzählen. Und ich habe das sichere Gefühl, dass ich wieder hier herkommen werde.“
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