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André Hille über »Das Rauschen der Nacht«

André Hille, Jahrgang 1974, arbeitete während des Studiums in Marburg als Buchhändler und Paketausfahrer, danach als Kulturjournalist und Lektor. 2008 gründete er die Autorenschule Textmanufaktur, die heute eine der führenden Autorenschulen im deutschsprachigen Raum ist. Zehn Jahre lang unterrichtete er das Schreiben, unter anderem als Dozent an den Universitäten Leipzig und Saarbrücken und am Mediacampus Frankfurt, bevor er selbst für seinen ersten Roman „Das Rauschen der Nacht“ (Blessing) zur Tastatur griff. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern in der Nähe von Bremen. (Foto: Siggi Buchner)

In den aktuellen Herbst-Programmen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 14 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: André Hille.

Mein Roman in zwei Sätzen

„Das Rauschen der Nacht“ ist ein Buch über den Konflikt eines Familienvaters und Start-up-Unternehmers zwischen Firma und Familie, seine innere Zerrissenheit zwischen Verantwortung und Freiheitsdrang, zwischen Liebe zu den Kindern und der Sehnsucht nach dem Rauskommen, dem Aufstieg. Ein Roman über eine junge Familie in einem neu gebauten Einfa­milienhaus als letztes Refugium – das wortwörtlich zu zerbrechen droht.

Mein Weg zu Blessing

Über meine sehr engagierte Literaturagentin Meike Herrmann von der Agentur Graf & Graf.

Das Verdienst meines Lektors

Edgar Bracht vom Blessing Verlag hat den Roman sofort verstanden, er hat sehr genau gelesen und mit feinem Gespür in den mehrfachen Lektoraten Verbesserungen angebracht.

Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche

Das Buch ist ein starkes Medium, das sich behauptet. Die Branche war und ist sehr familiär. Ein wenig bedauerlich finde ich die zunehmende Schubladisierung und Genderisierung, gerade im Unterhaltungsbereich. Männerbücher, Frauenbücher, Krimis oder Liebesromane mit jeweils Dutzenden Subgenres. Jede noch so kleine Zielgruppe wird ausgelotet und bedient. Da entstehen Filterblasen, in denen die immergleichen Geschichten erzählt werden, bis sie „durch“ sind. Meines Erachtens war das früher nicht so stark. Ich wurde von Büchern geprägt, die mich berührten, die tolle Geschichten erzählten, wahrhaftig waren, egal, ob Literatur oder Genre, Männer- oder Frauenfiguren, Klassiker oder Gegenwart. Die Geschichte muss überzeugen, nicht die Kategorien des Verlages oder des Handels.

Meine Lieblingsbuchhandlung

Meistens kaufe ich bei Froben in Ottersberg, wo man mich kennt und ein kurzer Anruf für eine Bestellung genügt. Aber sehr gern stöbere ich auch in der Büchner-Buchhandlung im Bremer Viertel.

Meine Lieblingsautoren

Da gibt es unzählige, aber einer ist sicher Raymond Chandler. Aktuell schätze ich auch sehr Annie Proulx. In der Regel sind es moderne Klassiker.

So lese ich

Ich kaufe zehn Bücher, fange fünf davon an, lese eines zu Ende.

Schreiben ist für mich

Etwas, das ich seit meiner Kindheit bei mir trage wie eine geheime Brieftasche, in der ich Dinge ablege, wieder hervorhole, verändere. Ein ständiger Dialog mit mir selbst, den ich jederzeit und an jedem Ort führen kann, ein Rückzugsort, den man immer bei sich trägt.

Wenn ich nicht gerade schreibe

Kümmere ich mich um mein Unternehmen Textmanufaktur, verbringe Zeit mit meiner Familie. Sehr viel Zeit draußen, im Garten. Und bei all dem denke ich meist über die nächste Szene nach.

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

„Das Rauschen der Nacht“ hat uns sofort fasziniert. Der Roman erzählt sprachmächtig, aber auch mit einem starken Handlungsbogen von der Ereignisdichte in der Mitte des Lebens. Im Zentrum des Textes steht ein Ehepaar, dem vor lauter Planen und in die Zukunft Hineinarbeiten die Fähigkeit abhandenkommt, die Gegenwart zu leben. Unter die Haut gehend, schildert André Hille den Preis unserer Rastlosigkeit – verdrängte Ängste, die sich nachts äußern, irrationale Fantasien und Abstiegssorgen als permanentes Hintergrundrauschen.

Edgar Bracht, Lektor

Debütanten im Herbst 2020 – im buchreport.magazin 07-08/2020

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