In den aktuellen Herbstprogrammen der Verlage finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 11 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Annabel Wahba.
Mein Roman in drei Sätzen
Er ist eine Familienchronik unserer Zeit: Ich erzähle davon, wie in meiner deutsch-ägyptischen Familie alle zu Chamäleons wurden, die sich ihrer Umgebung perfekt angepasst haben. Während die Erzählerin am Sterbebett ihres Bruders sitzt, unternimmt sie eine Reise in die gemeinsame Geschichte – ins München des Zweiten Weltkriegs, ins New York der Fünfzigerjahre, wo ihre Mutter arbeitete und ins Nildelta, wo ihr Vater aufwuchs.
Mein Weg zu Eichborn
Eigentlich kam ich mit einer ganz anderen Idee zu meinem Agenten Alfio Furnari von Landwehr & Cie. Beim Gespräch hat er das „Chamäleon“ dann regelrecht aus mir hervorgeholt: Er fragte mich, was mein Herzensprojekt sei. Und da erzählte ich ihm von dieser Idee eines autofiktionalen Familienromans über mehrere Jahrzehnte und Kontinente hinweg, vor der ich aber auch Angst hatte, vor allem Angst, zu scheitern. Die nahm er mir durch seine Unterstützung, und dann ging alles ganz schnell: Ich schrieb ein Exposé und die ersten Seiten, und drei Wochen später hatte Dominique Pleimling von Eichborn das Vertrauen, dieses Buch mit mir anzugehen.
Das Verdienst meiner Lektoren
Ulrike Ostermeyer kam in einem frühen Stadium hinzu und hat zu diesem Buch einen enormen Beitrag geleistet: Mit viel Freundlichkeit und dank ihrer riesigen Erfahrung hat sie es geschafft, mich auf den Weg zu bringen, den Roman als Zwiegespräch mit dem kranken Bruder zu erzählen. Da sie ihre freie Tätigkeit Anfang 2022 aufgab, lektorierte Dominique Pleimling den letzten Teil und gab mir mit seiner Begeisterung und seinen Anmerkungen die notwendige Rückendeckung.
Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche
Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen wirken auf mich alle ungewohnt höflich und freundlich im Ton.
Meine Lieblingsbuchhandlung
Da muss ich drei nennen: Otherland in der Friesenstraße in Berlin, eine wahnsinnig nette, kompetente und auch kuriose SF & Fantasy-Buchhandlung. Gleich daneben die Hammett-Krimibuchhandlung. Und die kleine, aber wirklich feine Kommedia in der Berliner Marheineke-Markthalle. Alle drei haben gute Websites und Online-Shops für alle, die nicht in Berlin wohnen.
Meine Lieblingsautoren
Sally Rooney hat mich zuletzt so begeistert, dass ich alle ihre drei Romane hintereinander weggelesen habe.
So lese ich
In jeder freien Minute, in der ich nicht arbeite oder etwas mit meiner Familie oder Freunden unternehme, am liebsten im Liegen auf der Couch oder im Bett. Oft lese ich auch meinen Kindern vor, die jetzt neun und zwölf sind, oder noch besser: lasse mir von ihnen vorlesen. Dann allerdings nicht Sally Rooney. Sondern eher Otfried Preußler oder Jules Vernes.
Schreiben ist für mich
… ein Traum. Oder wie Joan Didion sagte: „I love to have written.“
Wenn ich nicht gerade schreibe
Das kam in letzter Zeit selten vor. Und deshalb muss ich mich erst wieder daran gewöhnen.
Debüts im Herbst – im buchreport.magazin 7-8/2022
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Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?
Schon die ersten Seiten von Annabel Wahbas Debütroman hatten mich am Haken: die Protagonistin und ihr todkranker Bruder und die Suche nach der gemeinsamen Vergangenheit. Während ich der Erzählung gebannt folgte, merkte ich en passant, wie viele wichtige und tiefgründige Themen die Autorin hier anschneidet. Unprätentiös und berührend erzählt Annabel Wahba eine Familiengeschichte, die übers Individuelle hinaus erkenntnisreich und erhellend ist.
Dominique Pleimling, Programmleiter
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