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Anne Müller über »Sommer in Super 8«

In den aktuellen Herbstprogrammen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autoren. buchreport stellt zwölf dieser Nachwuchsschriftsteller in Steckbriefen vor. Heute: Anne Müller, die im August bei Penguin ihren Erstling „Sommer in Super 8“ vorgelegt hat.

 

Mein Roman in drei Sätzen

Eine turbulente Großfamilie in den 70er-Jahren in einem Dorf in Schleswig-Holstein: Als Kind ist Clara innig verbunden mit dem geliebten Vater, einem Landarzt, spürt aber auch dessen tiefe Traurigkeit. Während Clara mit ihren Freundinnen das aufregende Dasein als Teenager genießt, werden die Schatten über der Familie immer länger.

Mein Weg zu Penguin

2016 nahm die DVA „Sommer in Super 8“ und einen Band mit Erzählungen unter Vertrag. Da nun zwischenzeitlich die DVA in Penguin aufgegangen ist, kam der Penguin zu mir aufs Cover gewatschelt, was mich sehr freut.

Das Verdienst meiner Lektorin

Mir beim Schreiben erst große Freiheit zu lassen mit dem Stoff und lediglich sehr kluge Anmerkungen zu Dramaturgie und Spannungsaufbau zu machen, dann beim Feinlektorat ebenfalls mit viel Respekt die richtigen Fragen zu stellen, dabei den Romanfiguren ihren Eigensinn und der Autorin ihre Tonalität zu lassen.

Anne Müller wuchs in Schleswig-Holstein auf und lebt heute in Berlin. Nach dem Studium der Theater- und Literaturwissenschaften arbeitete sie als freie Radiojournalistin und wandte sich dann dem Drehbuchschreiben zu. „Sommer in Super 8“ ist ihr erster Roman. (Foto: Heike Steinweg)

Mein Eindruck von der Buchbranche

Autoren erfahren mehr Wertschätzung als in der Filmbranche, wo hierzulande die Urheberschaft der Drehbuchautoren oft nicht gewürdigt wird. Meist heißt es „ein Film von Regisseur XY“ und die Erfinder der Geschichte werden unterschlagen. Positiv am Literaturbetrieb finde ich zudem, dass in den letzten Jahren konsequent die Übersetzer/innen genannt werden und deren Urheberschaft und Schöpfertum anerkannt werden!

Meine Lieblingsbuchhandlung

Buchhandlung Thaer hier in Berlin- Friedenau um die Ecke. Klein, aber fein, gute Beratung, immer freundlich, am nächsten Vormittag sind die Bestellungen da (das nenne ich prime) und sie haben einen Teller mit Plätzchen im Advent! (Das finde ich prima!)

Meine Lieblingsautoren

Raymond Carver, Richard Yates, Alissa Walser.

So lese ich

Traditionell, im Buch. Langsam, mit vielen Unterbrechungen, in denen ich das Gelesene wirken lasse. Ich lese auf dem Sofa, dem Balkon oder im Freibad, am See, am liebsten im Urlaub im Liegestuhl mit Blick aufs Meer. Und beim Autofahren lasse ich mir gern vorlesen: Hörbücher, gerade „Fiesta“ von Hemingway, gelesen von Christian Brückner, und immer wieder Carver. So wird sogar ein Stau zum Vergnügen.

Schreiben ist für mich

Ein lebendiger Prozess, ein unbewusstes Komponieren mit Wörtern und Sätzen und der Stille zwischen den Zeilen. Schöpferisch die Welt neu zusammenzusetzen, Figuren und Geschichten zu erschaffen aus dem, was ich kenne oder meine zu kennen, was ich denke, sehe, fühle, lese, höre, rieche. Mich dabei überraschen zu lassen und zu staunen, was entsteht. Eine tiefe Verbundenheit mit meinen Figuren, mir selbst, der Welt und meinen Leser/innen. Deshalb ist Schreiben für mich auch keine einsame Sache, sondern ich befinde mich in bester Gesellschaft.

Wenn ich gerade nicht schreibe

Dann gehe ich spazieren oder schwimmen und lasse den Stoff noch in mir arbeiten. Oder ich spiele Improtheater, singe im Chor, treffe Freundinnen, male Keramik bunt an, spiele Klavier oder tue einfach mal nichts.

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

Anne Müller entführt uns mit viel Humor in diesem Entwicklungsroman in die 70er-Jahre – und erzählt zugleich von der westdeutschen Gesellschaft, als überall die RAF-Fahndungsfotos hingen, das Verhältnis zwischen Mann und Frau noch patriarchalisch geprägt war und zu psychischen Erkrankungen geschwiegen wurde. Das hat uns sehr beeindruckt: diese kluge Kombination aus Coming-of-Age und Politik, aus feiner psychologischer Beobachtung und der Lust am Alltagsdetail.

Welche Rolle spielen Debütanten für Ihr Programm?

Das Schönste für Programmmacher: Wenn der Text leuchtet und beim Lesen eines Erstlingsmanuskripts das Gefühl aufkommt, dass aus dieser jungen Autorin/diesem Autor etwas werden kann. Eine Autorin/einen Autor aufzubauen, Buch für Buch Leser/innen zu finden, das gehört für uns zum Kern des Verlegens und bereitet die größte Freude. Wir verstehen uns als Verlag, in dem deutschsprachige Autorinnen und Autoren eine Heimat finden.

Marion Köhler, Programmleitung Belletristik Hardcover bei Penguin

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