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Antonia Bontscheva über »Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere«

Antonia Bontscheva, geboren in Varna, Bulgarien, studierte Germanistik in Berlin, arbeitete als Deutschlehrerin und Journalistin, u.a. mit literarischer Radiokolumne für „Funkhaus Europa“. „Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere“ (FVA) ist ihr Romandebüt, für das sie das Bremer Autorenstipendium des Senators für Kultur und das Stipendium des Bremer Literaturkontors in den Künstlerhäusern Worpswede erhielt. (Foto: Joachim Unseld)

In den aktuellen Herbst-Programmen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autorinnen und Autoren. buchreport stellt 18 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Antonia Bontscheva.

Mein Roman in drei Sätzen

Die Protagonistin – eine junge Frau aus Bulgarien – steckt gleich zu Beginn in einer Existenzkrise: Sie lebt mit Mann und Tochter in Bremen, wo sie sich fremd und unverstanden fühlt, auch in ihrer Ehe. Als ihr Vater stirbt, reist sie in ihre Heimatstadt am Schwarzen Meer, wo sie erstmals den blinden Flecken in ihrer Lebensgeschichte nachforscht, die weit in die kommunistische Vergangenheit zurückreichen. Eine aufregende Entwicklung beginnt, ein weiblicher Reifungsprozess zwischen zwei Kulturen und zwei Männern.

Mein Weg zur Frankfurter Verlagsanstalt

Die Bücher der Frankfurter Verlagsanstalt habe ich immer sehr geschätzt. Ich habe mich auch mit anderen Häusern beschäftigt, aber die Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Philosophie der FVA hat bestätigt, was im Gefühl bereits da war – das ist mein Verlag, da möchte ich mein Buch veröffentlicht sehen. Davor hatte ich zwei enttäuschende Erfahrungen mit literarischen Agenturen gemacht.

Das Verdienst meiner Lektoren

Bereits in unserem ersten Gespräch hatte ich das Gefühl, dass Joachim Unseld und Nadya Hartmann mein Buch verstehen, den Erzählton schätzen und es mit Vergnügen gelesen haben. Und dann ihre Professionalität – die gigantische, immer wieder spürbare Erfahrung von Joachim Unseld und die einfühlsame Genauigkeit von Nadya Hartmann. Ihr Talent, Sorgfalt mit tiefem Verstehen, Großmut und Sympathie für das Ganze zu verbinden. Ich hatte nie den Eindruck, dass es beim Lektorat um Geschmäcklerisches ging oder um starre Kriterien.

Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche

Erst als ich mit dem Schreiben weitgehend fertig war, fing ich an, mich über den Literaturbetrieb zu informieren. Gott sei Dank. Wäre es umgekehrt gewesen, gäbe es dieses Buch nicht. Ich wäre entmutigt gewesen. Auf Buchmessen habe ich unter anderem Folgendes gehört: „Verlage können sich das Risiko eines Debüts nicht erlauben. Im harten Existenzkampf setzen sie auf Autoren, die bereits etabliert sind oder in anderen Bereichen prominent.“ Sehr unterstützend empfand ich die zwei literarischen Preise, die ich während des Schreibens erhielt. Sie halfen mir, in der langen Entstehungsphase und bei der Vermarktung den Mut nicht zu verlieren. Dann kam die durch und durch positive Erfahrung mit der Frankfurter Verlagsanstalt.

Meine Lieblingsbuchhandlung

Die Buchhandlung Melchers in Bremen

Meine Lieblingsautoren

Angelika Schrobsdorff war mein erstes literarisches Vorbild. Sie hat mich zum Schreiben gebracht. Bodo Kirchhoff fand ich immer großartig. Inzwischen liebe ich Nino Haratischwili.

So lese ich

Morgens, nach dem Aufwachen, in meiner Mittagspause und hauptsächlich abends, im Bett.

Schreiben ist für mich

eine Möglichkeit, intensiver zu leben, Menschen und Ereignisse tiefer zu verstehen, die vielen Facetten meiner Persönlichkeit miteinander zu verbinden.

Wenn ich nicht gerade schreibe

unterrichte, lese, jogge und koche ich und verbringe Zeit mit meiner Familie und mit Freunden.

Debütantinnen und Debütanten– im buchreport.magazin 07-08/2021

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

Leben, Leidenschaft, Wärme, Humor mit Tiefgang und Tragik ohne Pathos – so könnte eine Liste der ersten Eindrücke beginnen, die uns für den Text eingenommen haben. Antonia Bontscheva hat nicht nur Figuren erschaffen, deren eigenwillige Stimmen sich einprägen und die einen noch lange nach der Lektüre begleiten, sondern sie erzählt mit einer entwaffnenden Unbeschwertheit von weiblichen Prägungen und selbstbewussten Frauen, von individuellen Schicksalen im kommunistischen Bulgarien und der Wendezeit, von einem Ankommen in Deutschland und von Selbstbehauptung. Die sinnliche, unprätentiöse Sprache, die atmosphärischen Bilder und der menschenzugewandte Blick der Autorin bringen diesen Roman zum Strahlen.

Nadya Hartmann, Lektorin

Kommentare

1 Kommentar zu "Antonia Bontscheva über »Die Schönheit von Baltschik ist keine heitere«"

  1. Frauke Von der Haar | 8. Juli 2021 um 14:48 | Antworten

    Ich hatte das große Vergnügen Antonia Bontschevas Debütroman schon vor Verkaufsstart lesen zu dürfen und bin begeistert. Ihre bildreiche Sprache, ihr rasantes Erzähltempo und ihre große Offenheit haben mich sofort gefangen genommen. Ich freue mich auf eine Fortsetzung.

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