Astrid Korten widmet sich in ihrem Thriller „Poppy“ dem schwierigen Thema Kindesmissbrauch. Im April ist der Titel auf den Spitzenplatz der BoD-Bestsellerliste aufgestiegen.
Bei dem Selfpublishing-Dienstleister hat Korten bereits mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt die Psychothriller „Haus der Angst“ und „Am Ende das Böse“. Auch beim Piper Verlag ist die Autorin mit Krimis und Thrillern im Programm.
In „Poppy“ hat die Essener Autorin die Missbrauchsgeschichte einer Bekannten „ganz bewusst aus Sicht eines Kindes“ aufgearbeitet. Im Anschluss an die Veröffentlichung des Thrillers im Herbst 2019 hat Korten ein Projekt zur Gewaltprävention mit Schülern ins Leben gerufen, aus dem inzwischen ein TV-Spot entstanden ist. Über das Buch und Kortens Engagement hat die Lokalzeitung „WAZ“ mehrfach berichtet. Interesse an dem Text kommt derweil auch von anderer Seite: Der Roman wird zurzeit ins Englische übersetzt, das Drehbuch wurde bereits über Kortens Agenten in Los Angeles verkauft.
Im Interview berichtet Korten über die Arbeit an „Poppy“, ihr Präventionsprojekt und ihre Rolle als Autorin.
In „Poppy“ widmen Sie sich dem Thema Kindesmissbrauch. Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Sexueller Missbrauch bedeutet, dass ein Erwachsener oder Jugendlicher seine Position der Macht, seine geistige und körperliche Überlegenheit, das Vertrauen und die Unwissenheit eines Kindes dazu benutzt, seine eigenen sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Poppy hat mir ihre Geschichte erzählt, als sie bereits erwachsen war, aber ich hatte bereits Jahre zuvor davon erfahren. Kindesmissbrauch erschüttert und macht betroffen. Das Schreiben darüber ist schwer, aber es ist ein Thema, das niemals tabuisiert werden darf. Ich wollte dem Kindesmissbrauch ein Gesicht geben und das habe ich mit Poppy getan. Insbesondere, weil immer wieder neue Fälle ans Tageslicht kommen.
Poppy und ich kennen uns seit Kindheitstagen. Als Siebenjährige habe ich mich oft gefragt, warum sie so komisch war, warum sie nicht mit mir spielen durfte oder warum ich das Haus nicht betreten durfte. Heute kenne ich den Grund. Das Psychodrama beruht also auf einer wahren Begebenheit, von der ich während meiner Studienzeit erfahren habe. Damals arbeitete ich in den Semesterferien bei einem Psychiater und stieß per Zufall auf die Patientenakte von „Poppy“, die dort psychologisch betreut wurde. Ich war so entsetzt über diese Entdeckung, weil der Missbrauch in meiner unmittelbaren Nähe stattgefunden hatte. Ich habe viele Gespräche mit Poppy geführt und mein damaliges Bauchgefühl hat mich nicht getäuscht. Instinktiv habe ich geahnt, dass da etwas gewaltig faul war.
Wie ist für Sie die Arbeit an dem Buch verlaufen?
Für den Roman habe ich viele Jahre gebraucht. Wir mussten immer wieder eine Pause einlegen. Es war sehr schwierig – ja, es war in emotionaler Hinsicht eine echte Herausforderung. Die Sprache den verschiedenen Altersstufen anzupassen – 6, 7, 10, 13 und 14 Jahre – ist mir nicht besonders schwer gefallen, da zwei hervorragende Lektoren mich begleitet haben. Sobald ich in der Zeit ein gleichaltriges Kind auf der Straße sah, musste ich immer wieder an Poppy denken. Ich habe beim Schreiben teilweise selbst geweint. Und gelacht, weil Poppy in der Grundschule einen besonderen Blick auf die Erwachsenenwelt hatte. Das war oft zum Schreien komisch. Nur durch den Humor, der allerdings nie im Widerspruch zu den erschütternden Begebenheiten, die Poppy ertragen musste, steht, konnte ich dieses Buch schreiben. Der Roman hallt unglaublich nach. Die Rezensionen, inzwischen über 200, bestätigen das auch.
Für wen eignet sich das Buch als Lektüre?
Poppy ist nicht nur ein Buch für Betroffene. Jeder sollte Poppy lesen, denn der Roman ist auch ein Buch der Hoffnung. Er zeigt, worauf wir bei Kindern achten müssen und warum es wichtig ist, ihnen zuzuhören. Poppy macht gleichzeitig deutlich, warum es so wichtig ist, nicht wegzuschauen und welche Mechanismen Täter anwenden, um Opfer unter Druck zu setzen. Ich erhalte täglich zahlreich Zuschriften von Betroffenen, Männer und Frauen. Leser schreiben mir, dass die Geschichte von Poppy sie tief berührt und zugleich unglaublich wütend macht.
Anknüpfend an den Thriller haben Sie ein Projekt zur Gewaltprävention mit Schülern ins Leben gerufen. Was ist das Konzept und wie ist die Resonanz auf das Projekt?
Kindesmissbrauch erschüttert, erzürnt, berührt auf vielfache Weise, aber das Wissen um solche Gräueltaten mobilisiert auch. Deshalb habe ich in „Poppy“ das Tabuthema nicht nur anhand einer wahren Geschichte aufgegriffen, sondern auch einen TV-Spot zur Gewaltprävention produziert und die Initiative „Ein Herz für Poppy – gegen Kindesmissbrauch ins Leben gerufen. In dem TV-Spot treten Laiendarstellerinnen in Poppys Alter auf und zitieren Sätze aus dem Roman. Sie sagen aktiv „Nein“ und zeigen, wie man in unklaren Situationen klare Worte findet.
Gedreht wurde vor der Corona-Krise im Hotel-Restaurant Sengelmannshof, aktuell ist der Spot in der Nachbearbeitung. Kameras, Scheinwerfer, ein professioneller Schauspieler und eine Visagistin, die beide auf das Honorar verzichteten, und vieles mehr: Der Sengelmannshof wurde kurzerhand in ein Filmstudio verwandelt. Die Produktionsgesellschaft Donner-TV hat sich der Sache angenommen. Die Mädchen wurden nach einem Aufruf in den Medien gecastet und sie waren sehr professionell bei der Sache. Der Schauspieler Tom Heuser verkörpert den Lehrer Hoffmann, Poppys Vertrauensperson.
Mit dem TV-Präventionsspot gegen Kindesmissbrauch und vielen anderen Projekten unterstütze ich den Verein Wildwasser e.V. Durch die Corona-Krise wurde der TV-Spot noch nicht gesendet, aber wir starten ab Mitte Mai mit der Initiative.
Sie veröffentlichen auch bei Piper. Wie erleben Sie die „Doppelrolle“?
Ich veröffentliche schon seit vielen Jahren über Verlage, mag aber auch das Selfpublishing, weil es einfach Spaß macht und ich darin erfolgreich bin. Dadurch entsteht ein Profit-Synergismus mit dem Verlag. Für mich gibt es keine Unterschiede. Als Selfpublisher beauftrage ich einen professionellen Lektor wie der Verlag, ebenso wird das Cover von einer Werbeagentur entworfen. Die Aktivitäten als Autorin sind fast identisch für beide Bereiche. Verlage und Autoren müssen heute flexibel sein und mit einem fundierten Marketing aufwarten. Sonst wird das nichts. Als Selfpublisherin publiziere ich über alle Plattformen. Der Buchhandel wird im Printbereich durch BOD bedient.
Wie erreichen und binden Sie Ihre Leser?
Ich greife gute Stoffe auf, lasse meine Manuskripte lektorieren und korrigieren, beauftrage eine Werbeagentur für die Covergestaltung, achte darauf, was der Markt verlangt, berücksichtige den Buchhandel, informiere über Social-Media-Kanäle und spreche mit Printmedien.
Ich schreibe bereits seit 15 Jahren und der Markt verändert sich ständig. Als Autorin muss ich mich anpassen, wenn ich Erfolg haben will. Meine Leser erreiche ich über Sozial-Media, Emails, Printmedien und Marketingmaßnahmen, die von vielen Plattformen angeboten werden. Lesungen und Leserunden sind selbstverständlich. Das Konzept der Vermarktung muss jeder für sich entscheiden. Da gibt es keine Patentrezept. Jeder Weg kann zum Erfolg führen. Wichtig ist dabei die Qualität des Manuskripts, das Lektorat und Korrektorat sowie eine Unterstützung im Marketing.
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