Drei Monate, nachdem Amazon das Kindle-Programm jenseits der USA ausdehnte und das E-Book-Lesegerät auf einen Schlag in 100 Länder weltweit lieferte, folgt der nächste Schritt zur Internationalisierung: Ab sofort können auch deutsche Autoren und Verlage ihre Titel über den Kindle-Vertrieb anbieten. Allerdings sind die Konditionen eher mau. Außerdem dürfte der Streit um die Preisbindung für E-Books erneut aufflammen.
Zwar ködert Amazon auch hierzulande bereits Verlage, um Titel aus dem Amazon-Verlagsprogramm auch als E-Book verkaufen zu können – doch offenbar verlaufen die Gespräche zäh, sodass der Onliner die Anzahl der deutsch- und französischsprachigen Titel (bislang fast ausschließlich gemeinfreie) per selbständiges Veröffentlichen (Self Publishing) ausbauen will. Der Upload und die Verwaltung der Titel erfolgt über die Seite http://dtp.amazon.com.
Johannes Haupt von lesen.net hat einen interessanten Passus zum Pricing der im Kindle Store eingestellten E-Books in den Nutzungsbedingungen entdeckt. Demnach untersagt Amazon nicht nur einen höheren Verkaufspreis des Kindle Books im Vergleich zur günstigsten Print-Ausgabe; auch in digitaler Form dürfe das hochgeladene E-Book nirgendwo günstiger zu haben sein als im Kindle Store.
Verglichen mit anderen Publishing-Plattformen schüttet Amazon aktuell vergleichsweise wenig an die Rechteinhaber aus: 35% des vom Verlag oder Autor angegebenen Listenpreises. Den Verkaufspreis kann Amazon nach eigenem Ermessen, unabhängig vom Listenpreis festsetzen, den der Publisher vorgegeben hat (siehe „5.3.2 Customer Prices“ in den Nutzungsbedingungen) – was offenbar bedeutet, dass Amazon die hierzulande nach Einschätzung des Börsenvereins und der Preisbindungstreuhänder geltende Preisbindung für E-Books nicht berücksichtigt.
Damit dürfte das ohnehin hierzulande höchst umstrittene Thema erneut aufs Tapet kommen. Rückblick: Im Oktober 2008 hatte der Börsenverein seine Meinung zur Preisbindung von elektronischen Büchern geändert und sich für fixe Preise ausgesprochen – was mitunter heftige Reaktionen auslöste. „Die Internationalität des E-Book-Marktes macht die Durchsetzung eines flächendeckenden einheitlichen Preisniveaus faktisch unmöglich“, erklärte z.B. Eric Merkel-Sobotta von Springer Science+Business Media.
Mit diesem Pricing-Kurs schwimmt Amazon auf einer Welle mit Google. Beim „Google Editions“-Programm unterbindet Google ebenfalls einen Verkaufspreis der Editions über dem der gedruckten Ausgabe. Und auch Google behält sich vor, die elektronischen Bücher billiger zu verkaufen als vom Verlag angegeben, zahlt dann aber den Verlagsanteil auf Basis des Listenpreises aus (hier mehr).
Zwar würden die durch den Dumping-Kurs von Amazon düpierten Verlage vermutlich am liebsten einen Bogen um Amazon machen, doch der geschätzte E-Book-Marktanteil von Amazon in Höhe von 90 Prozent (siehe TBI Research) würde dabei zumindest auf dem internationalen Parkett schnell auf einen nicht sehr lukrativen Holzweg führen. In Deutschland sieht die Situation noch anders aus, da Amazon bislang kaum deutschsprachige Titel im Angebot hat.
Hallo Jörn! Der Matt spricht von Autoren, die direkt veröffentlichen, ohne Verlag. Für diese ist es in der Tat bei Amazon direkt lukrativer als über einen Verlag zu gehen. Und ein eBook dort selbständig hochzuladen, dürfte kein großes Problem sein… Erstaunlich finde ich, dass Amazon den Preis festlegen will.
Damit müsste der Autoroder Verlag aber Lizenzgebühren o.Ä. bekommen können, denn wenn Amazon beschließt, mein buch gibt es kostenlos? Was dann?
„Verglichen mit anderen Publishing-Plattformen schüttet Amazon aktuell vergleichsweise wenig an die Rechteinhaber aus: 35% des vom Verlag oder Autor angegebenen Listenpreises.“
Würde bitte jemand erklären wieso 35% wenig sind?
Normalerweise erhält ein Autor 8% vom Nettoverkaufspreis, bei Amazon also über das Vierfache.
Also ist das für alleinverkaufende Autoren ein sehr, sehr attraktives Angebot.