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Auch der Kunde verliert

Egal ob analoger oder digitaler Buchmarkt, der Clinch um Konditionen und die Diskussion darüber findet meist hinter den Kulissen statt – oft aus Angst, sich mit den großen Akteuren anzulegen. Anders in der Debatte um die Abo-Konditionen von Audible, in der immer mehr Verlage öffentlich Position beziehen. Auf einer Linie mit Hörbuch Hamburg-Chef Johannes Stricker (hier) warnt Marc Sieper (Foto) von Lübbe Audio davor, dass die Verlage ihre Produktion drastisch einschränken müssen, sollten sie weiterhin so wenig am Download-Geschäft verdienen.:

„Vieles von dem, was der Kollege Johannes Stricker sagt, ist wichtig und richtig:  

  • Audible als Monopol auf dem Downloadmarkt: Mit der jetztigen Situation sind wir natürlich unzufrieden, da es kein nennenswerten Wettbewerb gibt, sondern eine dominante monopole Stellung.  
  • Neben der Stellung als Monopol besitzt Audible ein Exklusivrecht mit der Belieferung an iTunes und ist seit Jahresanfang eine Tochter von Amazon – damit sind zwei existenzielle Hauptkanäle der digitalen Distribution ebenfalls von Audible besetzt. Hier ist eine zu hohe Markteintrittsbarriere für alle anderen Anbieter entstanden, die nicht durchbrochen werden kann und somit auch keine signifikante Marktanteile gewinnen können bzw. dem monopolen Siegeszug von Audible steht nichts mehr im Wege.  
  • Mit 9,95 Euro brutto für ein Download-Hörbuch, welches physisch 49,95 Euro kostet, verdient keiner (Autor, Verlag, Produzenten etc.) innerhalb der Wertschöpfungskette. Man könnte meinen, dass neben Audible auch der Kunde die einzigen Gewinner wären, allerdings täuscht das. Denn auch der Kunde würde langfristig verlieren – und zwar an Qualität. Denn die Verlage würden die Hörbuchproduktionen so günstig wie möglich produzieren lassen, um das Werk mit dem Audible-Preis refinanzieren zu können. Dabei würde die Qualität erhebliche Einbußen erleben. Wir haben dies schon mehrfach geäußert: Gesetzt dem Fall, der digitale Absatz wäre (wie heute schon bei den Musik-Singles) der Hauptabsatz- und Einnahmekanal, mit dem Audible-Modell könnte sich kein Titel mehr kalkulieren lassen; die Titelzahl würde drastisch verkleinern und damit letztendlich auch Audible schaden.  
  • Außerdem wurde und wird mit 9,95 Euro dem Kunden ein Preis signalisiert, der weit unterhalb des eigentlichen Werkes liegt, die im physischen 29,95 EUR oder auch mal 49,95 EUR kosten könnten. Dieser dramatische Preisverfall im Downloadsegment hat die Preissensibilität des Kunden für Hörbücher auf ein sehr niedriges Niveau heruntergesetzt und innerhalb von wenigen Jahren ein Werteverfall des Hörbuchmarktes im Downloadsegment hervorgerufen.  
  • Oft wird gesagt, dass die Verlage von der Musikindustrie lernen sollen – man vergisst aber auch manchmal, dass hier auch zwei Branchen in manchen Dingen einfach sich nicht vergleichen lassen können. Warum soll ein Download-Musikalbum (ca. 70 Minuten) genausoviel kosten, also 9,95 Euro, wie eine komplette Lesung (ca. 420 Minuten). Denn genau die iTunes-Preisstrategie (Musik) hat Audible sich zu eigen gemacht, um die Masse zu erreichen. Natürlich erreicht sie die Masse, aber zu welchem Preis? Hier müssen andere Geschäftsmodelle geschaffen werden, statt einer 1:1-Kopie aus der Musikindustrie.“

Foto: LPL Records

Kommentare

1 Kommentar zu "Auch der Kunde verliert"

  1. Ich stimme dem weitestgehend zu, habe noch eine Ergänzung:
    Dass ein Hörbuch, auch eine außergewöhnlich aufwendige Produktion, irgendwann einmal für 9,95 € angeboten wird, halte ich nicht grundsätzlich für problematisch. Die entscheidende Frage ist allerdings: Wann? In benachbarten Branchen haben sich Kunden an gewisse Mechanismen gewöhnt, beispielsweise in der Filmbranche. Die kostspielige Hochglanz-Produktion kommt zunächst im Kino, und zwar solange sie dort zugkräftig ist, dann kommt die DVD/Blue-ray-Veröffentlichung, zunächst im höherpreisigen Bereich, dann kommt Pay-TV, dann online-Portale, dann werden die DVDs billiger (ungefähr hier wird die 9,95 €-Schwelle nach unten durchschritten), dann ist der Film auf TV-Zeitschriften, dann in Grabbelkisten und zwischendrin früher oder später auch im Free-TV. Die Filmbranche lohnt sich besonders zur Anschauung, weil hier die verschiedenen Darreichungsformen öffentliche Aufführung, physisches Medium, Download, Broadcast bereits in einem Gesamtparcours ineinander verwoben sind. In einem relevanter werdenden Download-Markt stellt sich also nicht nur die Frage der auskömmlichen Konditionen sondern auch die Frage nach einer sinnvollen Verwertungsdramaturgie. Wenn das Abo-Modell darin an die richtige Stelle gerückt wird, kann es auch in Zukunft ein fester wie hilfreicher Bestandteil des Produktzyklus‘ bleiben und stünde der Wirtschaftlichkeit der aufwendigen Produktion nicht im Wege.

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