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Auf der Suche nach verlorener Zeit

„Es ist leicht, Menschen in der Erinnerung zu lieben; schwierig ist es, sie zu lieben, wenn sie da sind, vor deinen Augen“, schreibt John Updike in einer seiner letzten Erzählungen in „Die Tränen meines Vaters“. Zwei Jahre nach seinem Tod, bleibt den Lesern nur eben diese Erinnerung. Und sie lieben ihn: Sein letzter Erzählband steigt auf Platz 39 in die SPIEGEL-Bestsellerliste ein.

Kritik: Die Erzählungen in „Die Tränen meines Vaters“ seien eine „immer neu ansetzende Suche nach der verlorenen Zeit, sie reiben sich wund an deren Unwiederbringlichkeit“, schreibt Dieter Hildebrandt in der „Zeit“ (13.01.). Es scheine, „als habe sich der Autor in den Jahren vor seinem Tod ein letztes Mal zu einem Klassentreffen mit seinen Figuren eingefunden, zu einer jener Jahrgangsfeiern, von denen in diesem suggestiven Buch mehrfach die Rede ist.“ Updikes Figuren seien „schon immer vom Tode empfangen“, resümiert Judith von Sternburg in der „FR“ (15.01.), sie staunten so über das Altern, wie der nachdenkende Mensch nur staunen kann. In den Geschichten klinge durch, wie wütend der Autor gewesen sei, nicht mehr viel Zeit zu haben, ergänzt Gerrit Bartels im „Tagesspiegel“ (23.01.).

Biografie: „In all diesen Arbeiten von jeweils ein paar tausend Wörtern stecken“, hat Updike einmal über seine Erzählungen bekannt, „unmittelbarer als in meinen Romanen und ausführlicher als in meinen Gedichten, die Ereignisse und Bedrängnisse, die Krisen und Höhepunkte meines Lebens.“ Selbst sein Leiden unter der Schuppenflechte hat er literarisch verarbeitet: Die Haut werde zur Reizfläche alles Geschehens, des erotischen Begehrens wie des Erschreckens vor dem Spiegel, schreibt Zeit-Redakteur Hildebrandt.

Trotz einer „Kindheit in materieller Bedrücktheit“ (schreibt Rowohlt) schloss er sein Studium mit summa cum laude ab. In den USA arbeitete er als Redakteur für das Magazin „The New Yorker“, anschließend verfasste er als freier Mitarbeiter Kurzgeschichten und literarische Kritiken. Im Jahr 1957 verließ er den New Yorker, zog nach Ipswich (in Massachusetts) und widmete sich ausschließlich dem Schriftstellerberuf. Ipswich bildete schließlich die Vorlage für den fiktiven Ort Tarbox in seinem Roman „Ehepaare“. Am 27. Januar 2009 erlag John Updike im Alter von 76 Jahren einer Lungenkrebserkrankung.

Bestseller-Bilanz: Im Laufe seines Lebens habe der Schriftsteller eine „fast unheimliche Produktivität“ („Die Welt, 15.01.) gezeigt, habe er doch von 1958 bis zu seinem Tode jedes Jahr mindestens ein Buch veröffentlicht. Unter den zahlreichen Werken waren Bestseller wie „Wie war’s wirklich“ (in 2004 auf Rang 22 in der SPIEGEL-Bestsellerliste), „Sucht mein Angesicht“ (ein Jahr später auf Rang 19) oder die noch erfolgreicheren Titel „Landleben“ (Rang 5 in 2006) , „Terrorist“ (Rang 11 in 2006) und nicht zuletzt die berühmten „Hexen von Eastwick“ (Rang 35 in 2009) .

Auszeichnungen: Zahlreiche Preise hat Updike gewonnen, darunter zwei Pulitzerpreise, den PEN/Faulkner Award in 2004 und den American Book Award. Es grenze an Frevel, dass die Schwedische Akademie ihn als Kandidat für den Nobelpreis stets übergangen hat, beschwert sich Jobst-Ulrich Brand im „Focus (17.01.).

Sein gesamtes Werk ist auf Deutsch im Rowohlt Verlag und im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen.

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