Vitalitätssignale hat Thalia in den vergangenen Monaten wiederholt gesendet. Doch keins war so laut wie jenes, das die Douglas-Buchtochter am Donnerstag-Abend vor einer großen Verlagsrunde in München abgegeben hat. Die Verlage waren mit dem kryptischen Titel „The Next Level Book Community“ ins Veranstaltungszentrum Kesselhaus eingeladen worden. Die dort vermittelte Botschaft an die versammelte Lieferanten-Gemeinde: Wir sind die Zukunft, wir können uns im Kampf mit dem Marktführer behaupten. Sub-Claim: Bitte gebt uns Schützenhilfe.
Thalia preist bei Verlagen die eigene Strategie
Auf Werbetour an der Isar
Setzt seit Jahren auch auf Digitalisierung: Thalia-Chef Michael Busch (Foto: Thalia).
Über 100 Verlagsvertreter lud Thalia nach München ein darunter sowohl Publikums- als auch Fach- und Geschenkbuchverlage, am Rednerpult standen einführend Thalia-Chef Michael Busch sowie Thalia Holding-Geschäftsführerin Gerlinde Leichtfried (sie ist zuständig für Unternehmens- und Personalentwicklung, Marketing) und Co-Geschäftsführer Klaus Ortner (der kürzlich von Conrad Electronic nach Hagen wechselte, um das stationäre Geschäft neu auszurichten).
Warum München und nicht Hagen, Düsseldorf oder Köln? Vordergründig, weil viele Verlage an der Isar sitzen; andererseits, so zumindest die Einschätzung von Teilnehmern, mit denen buchreport.de gesprochen hat, weil sich die Thalia-Referenten an dem Abend intensiv an Amazon abgearbeitet haben – die Deutschland-Zentrale ist auch in München. Die zentrale Botschaft:
1. Die Branche ist im Umbruch (Nebensatz: Amazon ist die wesentliche Ursache).
2. Überleben werden Buchhändler mit breiter Multichannel-Aufstellung und hoher Investitions-Bereitschaft.
3. Alle müssen ein Interesse daran haben, dass die Branche weiterexistiert; dafür müssen auch Konkurrenz-Konstellationen überwunden werden.
Besonders der zweite Punkt enthielt Neuigkeiten für die Verlagsleute: Als Buchhändler will Thalia den Kunden besser kennenlernen. Thalia werde ein Customer-Relationship-Management (CRM) verwenden, um Kundendaten besser auswerten zu können; Daten, die auch aus der neuen Kooperation mit Payback resultieren: Ab dem 24. März 2014 sollen Kunden in den rund 230 Thalia-Buchhandlungen bundesweit für den Kauf von DVDs, Spielen, Musik-CDs oder Produkten wie dem E-Reader Tolino Payback-Punkte erhalten. – Thalia erhält so also Zugang zu neuen Kundendaten (Payback hat nach eigenen Angaben eine Reichweite von mehr als 20 Mio Menschen), die ausgewertet werden können. Der Payback-Ansatz unterstreiche sowohl die Cross-Channel-Strategie „als auch unser Ziel, punktgenau auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen und sie dadurch langfristig zu binden“, erklärt Leichtfried.
Die Reaktionen auf die Thalia-Veranstaltungen waren gemischt. Thalia habe in München indirekt die Verlage aufgefordert, sich an den hohen Investitionen des Filialisten zu beteiligen, so ein Vertriebsleiter – dies wäre kein neuer Schachzug für Thalia, da der Filialist eine zeitlang von den Verlagen auch Geld für die eigene Restrukturierung haben wollte.
Ein anderer Vertriebschef hat dagegen keine Klingelbeutel-Botschaft in München vernommen. Angesichts der Branchenturbulenzen habe Thalia bewiesen, dass der Filialist inzwischen einen klaren Plan habe – dies sei nur beruhigend.
Warum wollen so viele die Situation nicht anerkennen: Entweder die ganze literaturverbreitende Branche (sogar einschließlich der Bibliotheken) sichert durch Kooperation seine Existenz und findet gemeinsam tragfähige Lösungen – oder eben nicht. (Dann gewinnt das globale Logistik-Unternehmen.) Das ist doch keine Aufforderung, dass ich jeden Partner lieben muss!!! Spätestens, wenn Wettbewerber wie die Teilnehmer der tolino-Allianz Zweckbündnisse eingehen, darf ich doch aufmerksam und nachdenklich werden.
Das ist die Arbeit von Betriebswirtschaftlern. Unsinnig und undurchdacht von der ersten bis zur letzten Seite. Verlage brauchen Thalia nicht, Thalia braucht Verlage – so sind die Schuhe richtig rum angezogen – sagt ein Verlag, der durchs Thaliaraster fällt.
Das Buchhändlerleben ist schön! Erst lässt Herr Busch sich seine Expansions- und Plattmach-„Strategie“ von den Verlagen bezahlen – jetzt dürfen sie für seine Schrumpfungsstrategie ablatzen.