Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus treffen die Kulturindustrie – insbesondere viele freischaffende Künstler und Autoren. Verbände schlagen Alarm und rufen zu Hilfsmaßnahmen auf.
Der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) fordert neben einer Notfallkasse für existentiell bedrohte Kulturschaffende und -betriebe auch die Senkung des KSK-Mindestverdienstes für 2020. „In Zeiten einer so außergewöhnlichen Krise wie der durch Covid-19 sieht man, wie finanziell fragil der Kultursektor in Deutschland ist“, sagt die Bundesvorsitzende Lena Falkenhagen in einer Medienmitteilung des VS. Die Kulturbranche und die öffentliche Hand müssten nun „solidarisch zusammenstehen und kurz- und mittelfristige Hilfestellungen geben“, damit der Kulturbereich nicht irreparabel beschädigt werde. Der VS sei bereits an die Künstlersozialkasse (KSK) herangetreten. „Ein flächendeckend von Verdienstausfällen geprägtes Jahr darf nicht normal in die Betrachtung des Mindestverdienstes in der KSK eingerechnet werden. Sonst verlieren selbständige Künstlerinnen und Künstler noch ihre geförderte soziale Absicherung durch die KSK“, betont Lena Falkenhagen.
Die Forderungen des VS:
- Eine Notfallkasse des Bundes für existentiell bedrohte freie Kulturschaffende und -betriebe, nicht nur für Schriftsteller;
- Öffentliche Gelder im Kulturbereich müssen weiterfließen, auf Rückforderungen bei ausgefallenen Veranstaltungen sollte verzichtet werden;
- Reduzierung oder Aussetzung des Mindestverdienstes zur Berechnung der Mitgliedschaft in der KSK.
- Vorübergehende unbürokratische Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge;
- Senkung der oder Verzicht auf Einkommenssteuer-Vorauszahlungen.
Für eine erste Orientierung hat der VS eine Handreichung verfasst, die Schritte für Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Krisensituationen umfasst, aber auch Handlungsempfehlungen für die öffentliche Hand, Verwerter, Verwertungsgesellschaften, Vereine und Leserinnen/Leser beinhaltet (die Handreichung kann hier heruntergeladen werden).
Auch die Kurt Wolff Stiftung ist besorgt wegen der Situation von künstlerisch Arbeitenden in Zeiten des Coronavirus, zugleich sehe man auch, „wie viele Menschen bereit sind, in dieser Notlage solidarisch an die ganze Gemeinschaft zu denken“, heißt es in einer Erklärung. Die Absage der Leipziger Buchmesse und weiterer großer und kleinerer Veranstaltungen treffe zwar „ins Herz der literarischen Welt“, aber es sei absolut richtig gewesen, Lesungen und weitere kulturelle Events abzusagen, um auf diese Weise die Verbreitung des Virus zu verlangsamen.
Zur Situation der Künstler und Autoren äußert sich der Vorstand der Kurt Wolff Stiftung wie folgt:
- Der Shutdown des öffentlichen Kunstlebens heiße, dass die meist freischaffenden Künstlerinnen und Künstler auf ihre Einnahmen verzichten müssten. Da Freischaffende sowieso häufig prekär lebten, könne das schon in wenigen Wochen existenzbedrohend werden. Ebenso sei bei vielen unabhängigen Verlagen die geschäftliche Situation nach dem VG-Wort-Urteil, KNV- und Libri-Krise, Portoerhöhungen der Post und den anderen Problemen der vergangenen Jahre schon angespannt. Wenn jetzt Möglichkeiten fehlten, Bücher zu bewerben – wie sie die Buchmesse und die Lesungen geboten hätten – und wenn zudem die Buchhandlungen demnächst schließen müssen, so könne dies eine große Welle von Insolvenzen mit sich bringen.
- Virtuelle Lesungen, Postings und Aktionen in den sozialen Medien seien zwar hilfreich und „ein schönes Zeichen“ für die gesellschaftliche Solidarität, sie könnten allerdings an der eigentlichen Misere nur wenig ändern. Daher sei es schön zu sehen, dass die Beauftragte für Kultur und Medien, Monika Grütters, sowie auch die Kulturministerien der Länder sofort die Situation erfasst und Hilfen angekündigt hätten.
- Doch sollte man genau überlegen, welche Hilfsmaßnahmen wirksam sein können: Steuerleichterungen oder -stundungen würden unabhängigen Buchhandlungen, Verlagen, vor allem aber den Urheberinnen und Urhebern kaum helfen, denn ihr Einkommen sinke dramatisch und somit auch ihre Steuerlast.
- Billige Kredite seien ebenfalls nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“, denn viele Menschen in der Buchbranche seien bereits verschuldet und brauchten Einnahmen statt neuer Schulden. Es seien also andere Maßnahmen gefragt, die kurzfristig greifen, etwa strukturelle Fördermaßnahmen – für Autorinnen und Autoren, Buchhandlungen und Verlage – oder auch unkonventionelle Ideen, wie das Bereitstellen und Verteilen von Geldern zum Kulturankauf.
- Auch sollten Medien nun den Platz, den ausbleibende Konzerte, Preisverleihungen, Tagungen, Sportereignisse oder Bundestagsdebatten frei werden lassen, dazu nutzen, um Künstlerinnen und Künstler gleich welcher Kunstsparte oder Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vorzustellen, um über deren Werk zu reden oder ihre Bilder und Texte zu veröffentlichen.
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