Mit einer mutigen These hat der Vorsteher des Börsenvereins am Mittwoch Abend die Leipziger Buchmesse 2014 eingeläutet. Der Buchhandel sei „Vorreiter und Modell für den gesamten Einzelhandel“, zeichnete Heinrich Riethmüller (Foto: C. Setzer) ein Gegenbild zum öffentlichen Image der Branche, das zuletzt von den Krisen bei Thalia und Weltbild geprägt wurde.
Riethmüller meint, der Buchhandel sei die Branche, die sich am längsten und intensivsten mit dem Onlinehandel habe beschäftigen müssen, und das mit Erfolg: „Während sich der Einzelhandel noch schwer tut, Modelle zu entwickeln, wie man das Internet in die eigenen Geschäfte integrieren könnte, ist dem Buchhandel dies bereits gelungen.“ Riethmüllers Argumente:
- Es gebe über 2000 Buchhandlungen, die einen eigenen Onlineshop betrieben, Kunden könnten entscheiden, ob sie ihre Bestellungen im Laden abholen wollen.
- Buchhändler hätten offene und unabhängige digitale Lesegeräte im Portfolio, mit denen sich der Kunde nicht an einen Lieferanten binden müsse.
- Der Buchhandel verknüpfe die Vorteile des Internets und die des stationären Einkaufs.
- Nach jahrelangen Rückgängen habe der Buchhandel 2013 erstmals wieder Marktanteile zurückgewinnen können – der Onlinebuchhandel habe dagegen leichte Rückgänge verzeichnet.
Riethmüller schlussfolgert, dass immer mehr Buchkäufern klar werde, dass „Nachhaltigkeit weniger in den Geschäftsmodellen der großen globalen Konzerne, sondern viel eher in denen des stationären Handels liegt“. Sein Fazit: Der Buchhandel habe die Multichannel-Strategie, mit der sich der gesamte Einzelhandel neu positionieren müsse, bereits umgesetzt – und sei daher das „Modell für den Einzelhandel, wie man Individualität und persönliche Ansprache mit den genialen Errungenschafen der modernen Kommunikationskanäle verbinden kann.“
Zweites großes Thema in Riethmüllers Rede: das Freihandelsabkommen, das nach Einschätzung des Börsenvereins „nur Gefahren und Risiken“ beinhalte, weshalb der Kulturbereich aus den Verhandlungen herausgenommen werden müsse. Riethmüllers konkrete Forderung: Die Verhandlungen müssten transparent gemacht werden. Welche konkreten Waren und Dienstleistungen aus der Kulturwirtschaft stünden auf der Agenda des Abkommens?
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