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Bei Rowling einen Stein im Brett?

Blanvalet kaufte den „Ruf des Kuckucks“ von Robert Galbraith alias Joanne K. Rowling, noch bevor die „Harry Potter“-Autorin demaskiert wurde. Aber für die Verlagsleiterin Nicola Bartels (Foto oben) und die Lektorin Anja Franzen (unten) ist dieser Coup nicht nur ein reiner Glücksfall.
Ist das der günstigste Bestseller der Verlagsgeschichte von Blanvalet?
Nicola Bartels: Nein, das glaube ich nicht, wir haben schon andere Bücher groß gemacht. Fest steht aber, dass wir den Rowling-Roman im Februar für einen sehr schönen Preis verhandelt haben.
Eine vierstellige Summe?
Bartels: Dazu haben wir nie etwas gesagt. Aber das Thema Leak ist ja offenbar das Leitmotiv dieser ganzen Geschichte.
Eine Indiskretion bei Rowlings Anwälten soll ihre Identität enthüllt haben. Klingt nach einer perfekten Marketing-Geschichte.
Bartels: Auf den Gedanken hätte man kommen können, gerade, wenn man sich die niedrigen Verkaufszahlen des englischen Originals vor der Enthüllung anschaut. Aber ich glaube an die Entschuldigung von Rowlings Kanzlei und daran, dass die Autorin seitdem  tatsächlich „not amused“ ist. 
Wie haben Sie von der wahren Identität des Autors erfahren?
Anja Franzen: Die Agentur von Frau Rowling hatte uns ein Krimi-Debüt angeboten, das sich als ziemlich gut herausstellte. Ich wäre aber nie darauf gekommen, dass Rowling dahinter steckt – wie auch, so normal und unaufgeregt uns das Projekt angeboten wurde? Am vorletzten Sonntag verwies mich dann eine Freundin per SMS auf einen entsprechenden Zeitungs-Artikel. Ich konnte das erst später überprüfen, da ich in den Bergen unterwegs war. 
Bartels: Ich bekam dann von Dir nachts eine etwas kryptische SMS: „Wir haben die Rowling gekauft“. Und ich dachte: Jetzt ist sie wirklich verrückt geworden. Am nächsten Morgen haben wir dann aber endlich das ganze Ausmaß realisiert, und seitdem herrscht hier der helle Wahnsinn.
Der erste Erwachsenenroman von Rowling blieb unter den Erwartungen. Planen Sie deshalb vergleichsweise bescheiden?
Bartels: Für ein Debüt im Hardcover (lacht) sind 200 000 Stück stattlich. Aber im Ernst: Wir schauen uns die Entwicklung des englischsprachigen Romans an und können dann schnell reagieren und die Startauflage möglicherweise aufstocken. Der nächste Schritt ist zunächst einmal, dass wir alles dafür tun, den Roman pünktlich zum Weihnachtsgeschäft in den Handel bringen. Wir haben drei Übersetzer engagiert.  
Braucht der Titel noch viel Marketing?
Bartels: Die Marketingmaßnahmen im Detail stehen noch nicht fest, wir haben diese Woche eine Task Force zu dem Thema gebildet. Aber natürlich werden wir, wie bei allen unseren Spitzentiteln, ein großes Marketing aufziehen, mit intensiver Presse- und noch intensiverer Vertriebsarbeit. Dieser Roman ist ein Glücksfall, der einem vermutlich nur ein Mal im Leben in dieser Dimension passiert. Bei allem Glück bin ich aber sehr stolz auf unser Lektoren-Team, das sehr gut darin ist, interessante Debüt-Autoren zu entdecken, die wir groß machen können. Auf der Bestsellerliste stehen eben nicht nur bekannte Bestsellerautoren wie Charlotte Link, George R.R. Martin und Tess Gerritsen, sondern auch Autoren wie Eric Berg („Das Nebelhaus“) oder Marc Elsberg („Blackout“). Und in diesem Kontext hat Anja Franzen den Titel für sich entdeckt und den ganzen Verlag dafür begeistert, bevor die Identität der Autorin klar war.  
„Der Ruf des Kuckucks“ ist Teil einer Serie, von der Sie sich auch den zweiten Teil gesichert haben. Was tun Sie, um Rowling darüberhinaus zu halten?
Bartels: Wir müssen eine so gute Performance hinlegen, dass sie mit uns glücklich ist und auch die weiteren Bände dieser Serie bei Blanvalet erscheinen. 
Franzen: Vielleicht haben wir ein Stein im Brett, weil wir das Buch schon toll fanden, als der Autor noch Robert Galbraith hieß.

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