In der Branche gibt es noch genügend Rationalisierungspotenzial an der Schnittstelle zwischen Verlag und Vertrieb. Mit dieser These hatte Weltbild-Chef Carel Halff zu Jahresbeginn auf der Münchner Tagung der Börsenvereins–AG Publikumsverlage seine Konditionenforderung („Der Handel braucht höhere Margen“) unterfüttert. Beim Thema höhere Rabatte hatten Verleger zwar mit dem Kopf geschüttelt, aber bei Rationalisierungsfragen gibt es in der Branche grundsätzlich immer viele Nicker.
„Halff hat recht“, sagt etwa Franziska Bickel (Buchhandlung Vogel, Schweinfurt), die Vorsitzende der AG PRO (steht für: Prozesse, Rationalisierung, Organisation). Sie stellt am heutigen Donnerstag vor dem Branchenparlament zusammen mit dem Thalia-Manager Christoph Maris Empfehlungen zur Optimierung des Bestellprozesses im Buchhandel vor. Die Arbeitsgemeinschaft, in der auch Verlage und Zwischenbuchhändler vertreten sind, nimmt dabei u.a. folgende Rationalisierungshemmnisse im Händleralltag aufs Korn:
- Abrechnungen: Verlagsrechnungen, die immer häufiger nicht nur Bücher mit 7% Mehrwertsteuer, sondern auch 19%-Artikel enthalten, sorgen bei Durchmischung für umständliche Entflechtungsarbeiten in der buchhändlerischen Buchhaltung.
- Verpackungseinheiten: Die Abgabe von niedrigpreisigen Titeln in größeren Verpackungseinheiten kann für eine strubbelige Warenwirtschaft im Sortiment sorgen, weshalb zuletzt beim prominenten Bestsellerbeispiel „Empört euch!“ der Ullstein Verlag auf Sortimenterproteste reagiert und neben dem zunächst ausschließlich angebotenen 15er-Pack auch eine Einzelnummer vergeben hat.
- Verlagsvertreter: Der forcierten Rationalisierung des Verlagsaußendienstes – Key-Accounting bei den Großen und selektiver Vertretereinsatz in der Fläche – erteilen die AG-PRO-Rationalisierer dagegen eine Absage.
Die klassischen Verlagsvertreter mit ihrem Informationsvorsprung seien unverzichtbar, so Bickel, die jeweils zu einem frühen Zeitpunkt aufwendig produzierten Verlagsvorschauen reichten nicht. Von reinen Wirtschaftlichkeitsüberlegungen gesteuerte Vertreterreisen seien auf Dauer von Nachteil, führten zu falschen Bestellungen und belasteten auch die Branche durch vermehrte Remissionen – ein anderes klassisches Thema der AG PRO.
Mit Halffs Rationalisierungsforderungen aus dem Januar, die auf die Kostenstrukturen größerer Vollbuchhandlungen im Allgemeinen reflektiert hatten und einer weiter durchrationalisierten Bewirtschaftung von Filialen im DBH-Verbund im Speziellen, haben die AG-PRO-Anstöße offenbar weniger zu tun. Auch Kontakte hat es wohl nicht gegeben. Stattdessen arbeite man „sehr intensiv“ in dieser Frage mit den Verlagen zusammen, heißt es aus der Weltbild-Zentrale.
AG PRO
Die AG PRO (Prozesse, Rationalisierung, Organisation) ist eine Arbeitsgruppe des Börsenvereins. Die Gruppe wurde 2007 zur Diskussion und Bearbeitung spartenübergreifender Herausforderungen und Problemfelder im Buchhandel gegründet. Mitglieder (ohne Verbandsmitarbeiter):
- Anne v. Bestenbostel, Buchh. Bestenbostel
- Franziska Bickel, Buchhandlung Vogel
- Clemens Birk, Umbreit
- Julia Claren, Dussmann
- Rudolf Frankl, dtv
- Gesine Klack, Buchhandlg. Wilhelm Krüger
- Peter Kraus vom Cleff, Rowohlt
- Christoph Maris, Thalia
- Jörg Paul, Libri
- Thomas Raff, KNO Verlagsauslieferung
- Frank Sambeth, Random House
- Bernd Weidmann, Verlag Die Werkstatt
Quelle: Börsenverein
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