Viele Buchhändler tun sich schwer mit Wirtschaftsbüchern, bemängelt der „8er-Club der Wirtschaftsverlage“. Dabei lassen sie sich die Chance entgehen, Stammkunden zu gewinnen, meint Gabal-Chefin Ursula Rosengart (Foto).
Der „8er-Club der Wirtschaftsverlage“ wirbt für eine offensive Präsentation von Wirtschaftsbüchern im stationären Sortiment. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden?
Es gibt eine Reihe von Buchhändlern, die teilweise hervorragende Wirtschaftsbuchabteilungen aufgebaut haben und damit gute Umsätze machen. Aber insgesamt gesehen tut sich das stationäre Sortiment schwer.
Warum?
Wir registrieren in den Wirtschaftsverlagen eine wachsende Nachfrage nach unseren Produkten. Aber aus dem stationären Buchhandel hören wir oft: Der Internetbuchhandel nimmt uns dieses Segment weg.
Sind die Käufer von Wirtschaftsbüchern besonders internetaffin?
Ich halte es grundsätzlich für einen Trugschluss, dass die Leute heutzutage nicht mehr shoppen gehen. Wir würden unsere Umsätze gern mit dem Buchhandel machen. Die Klagen haben etwas von einer selbsterfüllenden Prophezeiung: Die Sortimenter, die sich über sinkende Umsätze beschweren, haben nicht selten vorher die Wirtschaftsbuchabteilung verkleinert.
Ist es nicht nachvollziehbar, wenn Buchhändler aus wirtschaftlichen Gründen ihr Sortiment verschlanken?
Die Frage ist doch, welche Schwerpunkte man setzt. Meiner Meinung nach verlassen sich viele Buchhändler zu unkritisch auf marktgängige Belletristik und Nonbooks. Ich sage oft bewusst provokant: Belletristik kann jeder. Ein eigenständiges Profil bekommt eine Buchhandlung durch gut geführte Fachabteilungen …
… die aber eine Menge Aufwand erfordern.
Der Aufwand lohnt sich aber auch. Mit Mainstream-Belletristik und Wühltischen im Eingangsbereich zieht ein Buchhändler vielleicht Laufkundschaft an, die seinen Laden im Zweifel einmal und nie wieder betritt. Mit einer gut geführten Fachabteilung aber zieht er Stammkunden an, die immer wieder kommen. Gerade das Geschäft in den Fachabteilungen ist sehr stark abhängig vom Vertrauen des Kunden zu „seinem“ Buchhändler – bei dem er dann übrigens auch seine Belletristik kauft.
Ist es nicht schwer, Wirtschaftstitel publikumswirksam zu bewerben?
Aus der Praxis erfolgreicher Wirtschaftsbuchabteilungen gibt es viele Anregungen, etwa Thementische auf Kongressen und Messen oder gemeinsame Aktionen mit Unternehmen. Mit unseren Autoren kann man in der Buchhandlung attraktive Veranstaltungen wie Rhetorik- oder Telefontraining machen. Und das sind nur ein paar Beispiele.
Die Fragen stellte David Wengenroth
Weitere Berichte und Themen im Supplement buchreport.spezial RWS Wirtschaft/Beruf/Management, das dem aktuellen buchreport.magazin beiliegt (zum Inhaltsverzeichnis).
Danke, daß Sie erneut eine Lanze für das Wirtschaftsbuch brechen. Hoffentlich wird das auch von den Verantwortlichen im Sortiment gelesen. Dennoch: Der Sortimenter wird immer sortieren müssen. Alles kann eine Buchhandlung nicht führen. Und die kaufmännische Frage wird sich immer stellen, z.B. nach Lagerumschlag. Das Problem – nicht nur im Wirtschaftsbuch: Jeder Verlag meint, daß er (nur) Top-Titel produziert.
Ich kann Frau Rosengart nur zustimmen. Wirtschaftsbücher sind ausgesprochen gut geeignet, Buchhandlungen Profil zu geben und Kunden durch die Kombination von tiefem Sortiment, fachlichem Know-how und kommunikativen Elementen einen direkten und persönlich erfahrbaren Nutzen zu vermitteln. Am besten nicht nur mit Autorenveranstaltungen und Büchertischen auf Kongressen, sondern auch durch die Vernetzung vor Ort, beispielsweise mit regionalen Wirtschaftsvereinigungen. Profil gewinnt man mit einer solchen thematischen Ausrichtung nicht nur vor Ort, sondern auch durch eine aktive Beteiligung in den entsprechenden Foren und Gruppen im Internet.