Es ist nicht einfach, Einblick in die Privatsphäre bekannter Bestsellerautoren zu bekommen. Doch manchmal öffnen sie die Tür zu ihrem Arbeitszimmer ein kleines Stück: buchreport durfte einen Blick auf die Schreibtische werfen, an denen erfolgreiche Bücher entstanden und weitere in Arbeit sind. So führte u.a. Richard David Precht durch seine Kölner Wohnung.
„Das aktuelle Buch von Richard David Precht, „Wer bin ich – und wenn ja, wieviele?“, eine Rundreise in das Reich der Philosophie und Hirnforschung, belegt seit 40 Wochen die obersten Plätze auf der „Spiegel“-Bestsellerliste. Der in zahlreichen Medien gelobte Autor interessiert sich übrigens nicht nur für die philosophischen Fragen des Lebens, sondern beschäftigt sich auch – oder offensichtlich deshalb – mit zoologischen wie naturgeschichtlichen Studien, wie seine große Bibliothek zu diesem Thema beweist. Precht beschreibt seinen Arbeits- und Wohnbereich so:
„In meinem Schreibtisch leben meine Großeltern fort. Er ist gezimmert aus den Rückenlehnen ihres Ehebetts. Ungezählte Spuren von Kaffeetassen haben ihn seitdem verziert, die Jahresringe vergangener Bücher und Texte.
Wenn ich schreibe, blicke ich hinaus auf die nun langsam gelb werdenden Bäume der Engelbertstraße. Das sieht hübsch aus zu meinem nachtblauen Morgenmantel, in dem ich arbeite.
In meinem Arbeitszimmer gibt es Regale aus den frühen 60er-Jahren, der heroischen Epoche des schlichten Designs, der auch mein Vater zugehört.
An der Wand lehnt ein Gemälde aus dem Metropol-Theater in Berlin, mit Temperafarben gemalt, ein Stück Bühnendekoration. Der Verkäufer meinte, es sei Erich Weinert. Ich mag Erich Weinert, aber er ist es nicht. Vermutlich ist es Richard Sorge, ein wenig aufgehellt im Vergleich zu den wenigen bekannten Fotos.
Mein Koffer steht noch im Zimmer, meistens halb voll oder leer. Der größte Raum meiner Wohnung ist die Küche mit dem Aquarium. Abgesandte aus der Konkursmasse der Schöpfung trudeln darin herum: Elektriker wie die Weißstirnmesserfische und Elefantenrüsselfische, saugende Welse wie Ancistomus, Panaquolus, Panaque und Hypancistrus, deren Namen mittelalterliche Alchemisten zieren könnten, oder hübsche Töchter wie Loricaria und Farlowella. Ich schaue in das Aquarium und finde die Fische grandios sinnlos, mit anderen Worten: Ich entdecke wahre Schönheit.
Der Drehstuhl vor der Bibliothek des Wohnzimmers ist ein Bird-Chair von Fabricius und Kastholm. Ein Original mit verblichenem Leder. Der Olivton ist schöner als das wiesengrüne Original. Schade nur, dass der Stuhl nach Keller stinkt und nach Zigaretten. Ich habe ihn mit allem gereinigt, was es gibt; er ist hartnäckig, offensichtlich liebt er seinen Geruch.
Die Bibliothek im Wohnzimmer besteht aus Werken zur Zoologie und Naturgeschichte, ihr kuriosestes Stück ist eine Pflanzensystematik aus dem 18. Jahrhundert in einer selbst erdichteten Geheimsprache des Verfassers. Er wollte damit Carl von Linné die Stirn bieten, aber erhalten geblieben sind nur zwei Exemplare. Eines in der Bayerischen Staatsbibliothek und meines. Die Bücher sind nicht ganz billig. Jedes von ihnen ist ein Stück nicht gelebtes Leben.“
Neben Precht haben Charlotte Link und Ulrich Wickert einen Einblick in ihre Schreibzimmer gegeben. Mehr dazu im buchreport.magazin 10/2008. Fotos: Bettina Dahm
Kommentar hinterlassen zu "Besteller am Betten-Tisch"