Hintergrund: Begonnen hatten die Auseinandersetzungen im vergangenen Jahr: Zwei Muster-Konflikte, in Deutschland zwischen Amazon und den Bonnier-Verlagen und in den USA mit der Hachette Book Group, sorgten nicht nur in der Branche, sondern auch in der allgemeinen Öffentlichkeit für Aufmerksamkeit, vor allem wegen Vorwürfen, Amazon erhöhe den Druck dadurch, dass sie sich mit der Auslieferung der gedruckten Bücher der betroffenen Verlage demonstrativ Zeit lasse. Als zahlreiche Autoren diese Praxis und den Amazon-Machtanspruch kritisieren, wird der Konflikt im Sommer 2014 auf beiden Seiten des Atlantiks ein Topthema in den Medien. Erst im Herbst kommt es zu einer Einigung zwischen Amazon und Bonnier Deutschland und Hachette. Details der Einigung bleiben naturgemäß unter Verschluss, aber es wird deutlich, dass Hachette das Preisniveau bei Ebooks hochhalten kann. Amazon lockt allerdings zugleich mit besseren Konditionen (also höheren Verlagsanteilen) im Falle niedrigerer Verkaufspreise (ausführlicher hier).
Den Ebook-Markt mit niedrigen Preisen zu entwickeln und Kunden für die geschlossene Kindle-Welt anzubieten, gehört zu den Strategien von Amazon im Mediensegment.
Arnaud Nourry (Foto: Eric Couderc), Chef der Groupe Hachette, die weltweit mehr als 2 Mrd Euro umsetzt, hat jetzt erstmals – in einem Interview mit dem Pariser Branchenmagazin Livres Hebdo – über den Hintergrund der Verhandlungen mit Amazon gesprochen. Zentrale Aussagen:
- Die sich über ein halbes Jahr hinziehenden Verhandlungen seien notwendig gewesen, um sicherzustellen, dass der Verleger und nicht der Händler Amazon über das Preisniveau von Ebooks entscheidet. Man experimentiere durchaus mit wechselnden Preisen, aber lasse sich dies nicht diktieren.
- Ein zu niedriges Preisniveau sei fatal, wörtlich: „Sollten Ebooks für 5 Dollar verkauft werden, reichen ein paar Jahre, bis alles aus den Fugen gerät“ – es drohe das Aus für stationäre Buchhandlungen.
- Auch wenn die amerikanischen Online-Riesen wie Amazon, Apple und Google wirtschaftlich sehr viel größer sind, verfügten Verlage mit ihrer Kreativität und mit ihren Inhalten durchaus über Verhandlungsmacht.
- Das Leseverhalten sei relativ stabil, aber die Hoffnung, dass Ebooks den Markt erweitern, scheine sich nicht zu erfüllen. Der Markt werde nur neu aufgeteilt.
- Das Ebook-Format schade dem Verlagsgeschäft nicht und leiste auch seinen Anteil, die Vergütung der Autoren zu sichern – zumindest im gegenwärtigen „Ökosystem“.
Die ausführlichen Statements sind – mit freundlicher Genehmigung von Livres Hebdo – dokumentiert im buchreport.express 15 (ET: 10.4.2015), hier zu bestellen.
Amazon hat mit seinen Forderungen etwas Disruptives in Gang gesetzt. Das hinterfragt natürlich die altbekannten Verlags- und Buchhandelsstrukturen. Aber wir sollten uns mal fragen, wem das bisher geschadet hat. Den Lesern auf keinen Fall. Sie haben noch mehr Bücher für noch weniger Geld zur Verfügung. Den Autoren auch nicht, denn diese verdienen (theoretisch) an einem E-Book-Verkauf mehr – sofern der Verlag die Gewinne teilt.
In erster Linie haben die Verlage, die Distributoren und der Buchhandel das Nachsehen, da sie plötzlich keine große Rolle mehr spielen.
Das wollen sie natürlich nicht. Amazon ist angeblich der Böse, obwohl die Endkunden davon profitieren. Vor ein paar Jahren waren noch die großen Buchhandesketten wie Thalia, Weltbild und Hugendubel die Bösen, da sie den gut ausgebildeten Buchhändler nicht mehr benötigten und auf Massenware setzten, die sich auch alleine verkaufen lässt.
Und wo sind bitte schön die kleinen Buchhändler? Die meisten sind doch schon vor Jahren ausgestorben, als die Buchhandelsketten eine Mega-Filiale nach der anderen hinstellten.
Am Ende geht es doch wieder nur darum, ob der Tiger den Löwen frisst oder der Löwe den Tiger. Der Leser schaut nur unbeteiligt zu.
Die Aussagen vom Leiter der Hachette-Group, Herrn Nourry sind in ihren Fakten und auch zur Beziehung von E-Books zu den stationären Buchhandlungen richtig.
Nur sollte in diesem Zusammenhang vielleicht doch noch angemerkt werden, dass die Preisbindung für Bücher erhalten und ncht untergraben werden darf.
Ein sogenanntes Zuschütten der Leser/innen mit E-Books wäre sicher noch dazu der falsche Weg um sich den Buchleser als Kunde auf die Dauer zu halten.
Man sollte nicht nur die Schiene E-Books bedienen wollen, sondern auch etwas in einer umschriebenen Weise etwas in zwei Zügen fahren.
E-Books und Bücher nebeneinander und nicht sozusagen auf eine mediale Einseitigkeit setzen wollen.
Das Spektrum der Leser/innen ist schon noch breit, nur sollte man auch mehr anbieten können, als eben nur E-Books und dann wieder die neuesten Varianten davon.
Es ist aber so, dass jetzt ständig im Buchmarkt Veränderungen da sind. Nur ist es für eine kleinere Buchhandlung sicherlich nicht einfach, sich dann immer da und dort hinzuwenden.
Flexibilität ist schon richtig, nur sollte man den Bogen nicht zu sehr überspannen.
Wichtig ist zudem außerdem: Was will der Leser eigentlich in der Zukunft?
Auf diese Frage kommt es doch letztendlich an.
Habe ich noch einen mündigen, wissenden, klugen und einen in einem für sich in einem gewissen Rahmen denkenden Kunden noch in den Buchhandlungen vor mir, oder sind da Leser und Leserinnen, die sich praktisch von den neuesten und aktuellen Errungenschaften im übertragenen Sinne jetzt langsam doch überfahren lassen.
Immerhin sollte der Leser/die Leserin in einer Buchhandlung frei entscheiden dürfen (auch mit einem Beratungsgespräch mit dem Buchhändler/der Buchhändlerin), welche Bücher sie sich jetzt ganz ungezwungen ansehen wollen.
Alles andere sind sicher die Entscheidungen der einzelnen Verlage.
Abschließend weise ich noch auf den gebundenen (also festen Ladenpreis) für Bücher hin.
H. Kraft