Kaum hat sich der US-Buchmarkt einigermaßen von der Borders-Pleite erholt, wartet die nächste Erschütterung: Weil sich die „Nook“-Reader schlechter verkaufen als erwartet, kürzt die größte US-Buchhandelskette Barnes & Noble ihre Gewinnprognose und plant die Abspaltung des E-Book-Bereichs. Auch das Verlagsgeschäft steht offenbar zum Verkauf.
In den letzten neun Wochen des Jahres 2011 sind die Verkäufe der Nook-Reader gegenüber dem Vorjahr um 70% gestiegen. Barnes & Noble hatte aber mehr erwartet: „Wir haben die Nachfrage in der Urlaubszeit überschätzt“, erklärte CEO William Lynch den Medien am Donnerstag (5.1.). Zwar habe sich das hauseigene Tablet besser verkauft als erwartet, der Umsatz mit dem E-Reader „Nook Simple Touch“ aber sei enttäuschend.
Dem „Wall Street Journal“ zufolge kontrolliert Barnes & Noble derzeit schätzungsweise 27% des E-Book-Marktes. Das digitale Geschäft kommt weltweit größten Buchhandelskette aber teuer zu stehen: Die Werbenalysten von Kantar Media haben berechnet, dass Barnes & Noble seine Investitionen in Werbung seit 2009 verdreifacht hat.
Aufgrund der hohen Investitionen und dem schlechter als erwartet laufenden E-Book-Geschäft hat Barnes & Noble seine Gewinn-Prognose für das Gesamtjahr reduziert – von ursprünglich 210 bis 250 Mio Dollar auf 150 bis 180 Mio Dollar.
Nun erwägt die Buchkette die Abspaltung ihrer Digitalsparte vom stationären Buchhandelsgeschäft: „Wir sehen einen wesentlichen Wert in dem, was wir mit unseren Nook in nur zwei Jahren aufgebaut haben, und wir glauben, dass nun der richtige Zeitpunkt ist, Möglichkeiten zu untersuchen, diesen Wert zu entsperren“, so CEO William Lynch. Einen Zeitplan gebe es noch nicht. Auch ob er einen Spin-off oder einen Verkauf plant, ließ Lynch offen.
Nach Informationen des „Wall Street Journals“ will Barnes & Noble auch seine Verlagssparte Sterling verkaufen. 2003 erwarb die Buchkette Sterling für 115 Mio Dollar. Sterling verlegt u.a. Sachbücher, Kinderbücher, Kochbücher und Selbsthilfebücher.
Laut Analysten zeigen diese Entwicklungen, wie sehr Barnes & Noble unter dem Konkurrenzdruck von Amazon und Apple zu kämpfen hat. Es sei fraglich, wie der traditionelle Buchhandel von Barnes & Noble ohne den Nook überleben soll, schließlich sei der digitale Bereich das am schnellsten wachsende Geschäftsfeld, heißt es in einem Bericht von „Digital Book World“. Im Herbst hatte sich Barnes & Noble u.a. unter dem Druck von Ex-Großinvestor Ron Burkle, der sich mehr Einfluss auf das Unternehmen erstreiten wollte (hier mehr), zum Verkauf gestellt. Zunächst wollte Liberty Media die börslich gehandelten 70% von Barnes & Noble komplett übernehmen, letztlich hat der Medienkonzern nur einen Anteil von 16,6% erworben. Das Geld floss in den Ausbau des E-Book-Geschäfts. Der größte Wettbewerber Borders ist im Sommer Konkurs gegangen (buchreport.de berichtete ausführlich).
Wie angekündigt, will Barnes & Noble den Nook in den kommenden Monaten auch in Europa verkaufen: Man sei derzeit in Verhandlungen mit Verlagen, Händlern und Technologieunternehmen, um mit dem Nook international zu expandieren, bekäftigte Barnes & Noble die Expansionspläne am Donnerstag.
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