„Können Schriftsteller nur noch brav erzählen? Oder will keiner mehr schwierige Texte lesen?“ – Der Online-Auftritt der „Zeit“ nimmt die Entscheidung beim diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preis zum Anlass, um einen unsäglichen Trend zu Harmonie in der Literatur zu geißeln.
„Es gibt in der Literatur auch Rückschritte. Eine Reduktion von Komplexität ist feststellbar“, habe der Schriftsteller und Wettbewerbsbeobachter Ilija Trojanow in Klagenfurt konstatiert. Und Burkhard Spinnen habe bekannt, dass Kafka ihn genervt habe, Ingeborg Bachmann auch: „Ganz ungenervt möchte ich keinen Text lesen.“
Gute Literatur sollte durch Sprache fühl- und erfahrbar machen, wovon sie erzählt, und ihre Themen nicht einfach nur mit simplen Worten der Alltagssprache anklicken, meint das Blatt. Doch dem Narrativen sei die Sprache ausgegangen, die oft zitierte Forderung nach Realitätsabbildung mute seltsam an.
„Sollten Expressionismus, Dadaismus, Surrealismus, die Versuche von unrunden Lebens- und Literaturformen der späten sechziger und frühen siebziger Jahre nur fürs Museum und die Katz gewesen sein“, fragt die „Zeit“ verzweifelt – und stellt resigniert fest: „Der Blick in die Kataloge zum Herbst lässt, bis auf wenige Ausnahmen, kaum auf eine größere Risikobereitschaft der Verlage schließen. Experimente wagt kaum jemand.“
VERLAGE
Neue Erlösquellen: Der „Spiegel“ hat einen originellen Weg gefunden, sein wertvollstes Gut zu vermarkten: seine Journalisten. Bei „Spiegel online“ hat jetzt der „Matussek Fanshop“ eröffnet, zu haben ist u.a. die „Goethe-Handpuppe für Profi-Blogger“.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 38)
BÜCHER & AUTOREN
Franz Kafka: Die FAZ startet eine Serie von Artikeln, die sich jeweils mit einem einzigen Satz von Kafka auseinandersetzen. Den Beginn macht Frank Schirrmacher.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 31)
Franz Kafka II: Über die Macht des Gesangs des Sprachvirtuosen Kafka schreibt Thomas Steinfeld.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 14)
Franz Kafka III: Über den fragmentarischen Kafka schreibt Burkhard Müller.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 14)
Katharina Born: Die Schriftstellerin wird mit dem vom rheinland-pfälzischen Kultusministerium gemeinsam mit dem SWR vergebenen, mit 10.000 Euro dotierten Georg-K.-Glaser-Preis ausgezeichnet.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 33)
Hans Christian Andersen: Sein Grabstein wurde von Tätern aus Kopenhagens Autonomenszene irreparabel beschädigt.
standard.at
Martin Walser: Der Schriftsteller sprach zum 60-jährigen Jubiläum der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 11)
Fred Grimm: Ein Gespräch mit dem Autor des Buches „Shopping hilft die Welt verbessern“ über die Tatsache, dass Öko plötzlich schick und Grün tragbar ist.
stern.de
John C. G. Röhl: Ein Gespräch mit dem englischen Historiker zum letzten Band seiner Wilhelm II-Biografie, die im Herbst bei C. H. Beck erscheint.
„Die Zeit“ (Seite 56)
MEDIEN & MÄRKTE
Ostdeutsche Wirtschaft: Obwohl es viel Neues und einiges Gute gibt, sollte die Investitionszulage abgeschafft werden.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 11)
Einzelhandel: Der Spitzenverband HDE senkt seine Prognose aufgrund von Energiepreisen und Vorsorge.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 12)
Deutscher Arbeitsmarkt: In fast keinem anderen Industrieland bleiben Arbeitslose so lange ohne Job.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 12), „Süddeutsche Zeitung“ (Seite 19), stern.de
Nokia: Der Handy-Hersteller zahlt einen Teil der Subventionen an das Land NRW zurück.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 14)
Premiere: Das Kartellamt bremst die Verlagerung der Bundesliga ins Bezahlfernsehen.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 15)
Neckermann: 500 Stellen will das Versandhaus abbauen, ab 2010 soll Gewinn erwirtschaftet werden.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 15), tagesspiegel.de, welt.de
Genossenschaften: Über das bisweilen ruinöse Eigenleben von Genossenschaften.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 22)
ONLINE
Microsoft: Der Software-Riese kauft die Suchmaschine Powerset.
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 15)
Google: Das Unternehmen eröffnet in Berlin ein Lobby-Büro, das die Anliegen des Konzerns ins Parlament tragen soll.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 18)
Netzeitung: Sie sollte den großspurig angekündigten Online-Ausbau beim Berliner Verlag vorantreiben. Doch jetzt muss auch sie mitsparen – und steht vielleicht ganz zur Disposition.
taz.de
SZENE
Deutsche Sprache: Die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ möchte Deutsch im Grundgesetz verankern.
welt.de
Deutsche Sprache II: Sieben Thesen von Peter Eisenberg, emeritierter Professor für Linguistik an der Universität Potsdam.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 11)
Sollte der Dinosaurier BACHMANN aussterben?
Ein DINOSAURIER, so der Jury-Vorsitzende Burkhard SPINNEN, sei der BACHMANN-Lese-Wettbewerb, aus dem man ein schnelleres wendigeres Tier zu machen versuche. Der BACHMANN-Dinosaurier könnte aussterben, wenn das Niveau zukünftig im ORF-Theater à la Deutschland-sucht-den-Superautor“ (FR, TAZ) oder Germanys next Topdichter (DIE WELT) nicht anzuheben sein wird. Müssen Bücher nerven? Täte der Literatur weniger Harmonie gut? Ohne Schmerzen kein Wachstum: Sollten Expressionismus, Dadaismus, Surrealismus, die Versuche von unrunden Lebens- und Literaturformen der späten sechziger und frühen siebziger Jahre nur fürs Museum und die Katz gewesen sein? (Carsten KLOOK) – 2008 RATLOSIGKEIT allerorten: Es fehlten die Kanten. Autoren, Texte, Meinungen rauschten hintereinander durch und fielen nicht weiter auf. Wer und warum schließlich auf dem Preiskarussell ( ) zu sitzen kam – das erschien so zufällig wie beliebig. Ästhetische Kategorien, an denen die Jury sich orientierte, waren nur in Ansätzen auszumachen. (So die FR.) DIE ZEIT ( KLOOK ZEIT ONLINE in einem anderen Artikel) meinte, der Lesewettbewerb sei kein Gradmesser für den Zustand und die Qualität der Literatur, sondern ein Teil des Literaturmarkts, ein Außenlager für die Öffentlichkeit, in der diesmal die Regularien des Marktes deutlicher wurden als zuvor. Diagnostiziert wird Ödnis, Langeweile ( ). DIE PRESSE zum Wettbewerb: Es interessiert die Veranstalter offenbar überhaupt nicht mehr, dass in der Literatur geistige Dinge verhandelt werden ( ). Öl im Getriebe sieht die TAZ. Transparente Juryentscheidungen zur Sieger-Bestimmung bei Preisen sind gefragt: Objektive KRITERIEN zur Auswahl von BACHMANN-Gewinnern zugrunde zu legen, muss Schule machen.