Laut Nielsen BookScan steigt in den USA der Printverkauf und E-Books verlieren Marktanteile. Digitalexpertin Jane Friedman relativiert im Interview die Branchen-Marktzahlen.
Die US-Medien und die Buchbranche bejubeln das wieder erstarkte Printgeschäft. Warum sind Sie skeptisch?
Weil es nicht wirklich Grund zum Jubeln gibt. Das Absatzplus stelle ich überhaupt nicht in Frage, nur wird nicht berücksichtigt, dass das Wachstum fast ausschließlich auf das Konto von Ausmalbüchern für Erwachsene geht. 12 Mio Exemplare wurden 2015 verkauft, ein Jahr zuvor waren es lediglich 1 Mio. Irgendwann flaut dieser Boom wieder ab, und dann? Wenn die US-Medien euphorisch schreiben, dass die Konsumenten wieder mehr gedruckte Bücher kaufen, ist das eine Fehlinterpretation des Marktes. Das gilt im Übrigen auch für Meldungen, wonach sich der Buchhandel im Aufwind befindet. Gerade ist der Medienhändler Hastings in die Insolvenz gegangen, Barnes & Noble schließt weiterhin Läden, wenn auch nicht so viele wie zunächst angekündigt. Das ist immerhin ein kleiner Lichtblick.
Und die Renaissance des Indie-Buchhandels, den die ABA mit Zahlen belegen kann?
Der unabhängige Buchhandel ist in Zahlen eine ganz kleine Nummer. Der Marktanteil liegt laut Nielsen bei 10%, was ich für zu hoch halte. Ich bezweifle keinesfalls, dass es Buchhändler gibt, die mehr Umsatz machen, aber womit? Mir fällt im Buchhandel vor allem das immer größer werdende Angebot an Nonbooks auf.
Nielsen BookScan meldet rückläufige E-Book-Absätze und sinkende Marktanteile der großen Publikumsverlage. Wie sehr stehen E-Books tatsächlich unter Druck?
Das kommt auf den Standpunkt des Betrachters an. Nielsen vermisst den klassisch verlegten E-Book-Markt. Dass hier die Absatzzahlen deutlich sinken, führe ich besonders auf die hohen Preise zurück, die die Verlage erheben. Ein E-Book, das zwischen 12,99 und 14,99 Dollar kostet, ist viel zu teuer. Für das, was ich den „Schattenmarkt“ nenne, also E-Books ohne ISBN, die bei Amazon oder auf anderen Plattformen von Selfpublishern veröffentlicht werden, gibt es kaum verlässlichen Daten. Der „Authors Earnings Report“, den der Autor Hugh Howey regelmäßig veröffentlicht *, liefert zwar interessante Hinweise, hat aber auch viele Lücken. Mit Sicherheit lässt sich aber sagen, dass dieser „Schattenmarkt“ blüht und wächst, und zwar deutlich.
Wo sehen Sie das Printbuch in 10 Jahren?
Es wird immer gedruckte Bücher geben. Aber in dem Maße, in dem digitale Lesegewohnheiten zunehmen, nicht mehr in der Menge wie heute. Es wird zum Premiumprodukt in der Nische.
Jane Friedman ist eine der prominentesten Digitalexpertinnen im US-Medienmarkt. Sie ist Mitbegründerin des Online-Newsletters The Hot Sheet, schreibt einen populären Blog für Autoren und hat eine Professur im Fachbereich Publishing an der Universität von Virginia.
Foto: Privat
Zum Hugh-Howey-Report s. url.buchreport.de/howey16
Kommentar hinterlassen zu "Blühender »Schattenmarkt«"