Einen überraschenden Schulterschluss zwischen Literatur- und Modebranche beobachtet die „FAZ“: Redakteurin Frauke Fentloh berichtet über Merchandise für Bücher und analysiert das Phänomen, dass immer mehr Autoren ihre Neuerscheinungen mit Fanartikeln und Fashion-Drops vermarkten.
„Das Prinzip kennt man aus der Popmusik oder vom Fußball, wo Bandshirts oder Vereinsschals seit Langem Standard sind. Später wurde die plakative, mitunter betont preisgünstige Ästhetik von manchen Modemarken übernommen. Nun bringen auch Autoren und Verlage immer öfter solche Produkte heraus“, registriert Fentloh. Während bedruckte Jutebeutel in der Branche eine gewisse Tradition hätten, reiche das Repertoire mittlerweile von Kapuzenpullovern bis zu Logo-Strumpfhosen. Häufig seien diese Stücke nur in kleiner Auflage erhältlich, wenn man sie überhaupt kaufen könne. Das solle Aufmerksamkeit erzeugen und dem Buch zugleich die Aura eines Lifestyleprodukts verleihen.
Die Absicht der Marketingstrategie bestehe darin, das Buch ins Gespräch zu bringen – im besten Fall auch bei neuen Zielgruppen: „Wer durch einen Anglerhut, der auch von einer Streetwear-Marke stammen könnte, auf einen Roman stößt, muss niemand sein, der sonst regelmäßig in den Buchladen geht.“ Besonders in den Sozialen Medien durch beispielsweise Booktoker (abgeleitet von Tiktoker) oder Bookstagramer (abgeleitet von Instagramer) ließen sich solche Entwicklungen beobachten. „Statt Kosmetik oder Energydrinks senden sie Influencern Bücher und eben auch Merchandise nach Hause“, beobachtet die Journalistin.
Fentloh hält fest: „Es geht nicht nur um den Roman, sondern um die Erfahrungswelt, die er verspricht.“ Kunden wünschten sich demnach Dinge, die über das Buch selbst hinausgingen. Häufig handele es sich dabei um Menschen, für die das Lesen ein Teil ihrer Identität sei. Durch das Merchandise könnten sie dann eine instensivere und intimere Beziehung zum Buch aufbauen. Deswegen funktioniere die Taktik nicht für alle Bücher, sondern nur für solche, die bestimmte Zielgruppen ansprächen. „Solche, die eher jung, viel in den sozialen Medien unterwegs und interessiert sind an Lektüre, die eine gewisse Gegenwärtigkeit signalisiert“, hält Fentloh fest.
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