Ein Vorpreschen von Thalia bringt ein Thema auf die Agenda der Branche: Der Sortimenter-Ausschuss will eine Diskussion über Sinn und Unsinn von Gewinnspielkopplungen im Handel mit preisgebundenen Büchern anstoßen. Gut möglich, dass dieses Marketinginstrument zum Branchen-Reizthema der kommenden Monate wird.
Das Werben mit Gewinnspielen, wie Thalia es gerade in der „Themenwelt Schulbuch“ seines Online-Buchshops vorexerziert, rührt an empfindliche Stellen des Branchennervs. Die Rechtsabteilung des Börsenvereins warnt bereits, durch solche Art der Werbung werde das Preisbindungsbewusstsein der Buchhandelskunden ausgehöhlt. Außerdem würden andere Buchhändler unter Druck gesetzt, ähnliche Aktionen zu starten, um keine Kunden zu verlieren – was ihnen vor allem im ohnehin extrem margenarmen Schulbuchgeschäft wehtun würde. Und da ist sie wieder: Die Grundsatzfrage, wieviel Wettbewerb es im Buchhandel geben sollte.
Ob allerdings die Veranstaltung von Gewinnspielen der geeignete Anlass ist, sie durchzuexerzieren, ist eine andere Frage. Nicht umsonst begegnen Gewinnspiele einem in der bunten Konsumwelt auf Schritt und Tritt: Weil sie eben ein erstaunlich effektives und grundsätzlich relativ günstiges Marketinginstrument sind. Auch das Ausloben von preisgebundenen Büchern als Gewinn ist andernorts gang und gäbe. Die Fähigkeit der Buchbranche, aggressives Marketing in ihren Reihen im Zaum zu halten, ist eine ihrer wichtigen Stärken. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch der Buchhandel letztlich nur überlebt, wenn er Kunden anzieht. Ein effektives Marketinginstrument sollte er nicht ohne zwingenden Grund aus der Hand legen.
aus buchreport.express 25/2010
Die Preisbindung dient dem Kulturgut Buch, schützt kleine Marktteilnehmer und erhält die Versorgung in der Fläche – so die Intention des Gesetzes. Natürlich versuchen sich vor allem die Marktstarken an den Rändern des Möglichen, aber zwingen dann auch zur Auseinandersetzung mit dem Sinn und Fortbestand der Preisbindung. Schenkaktionen oder Schulengel.de lassen grüßen. Fast täglich werde ich, auch von Bürgermeistern und zunehmend sehr selbstbewußt, darauf angesprochen, ob nicht Bücher im Eigenanteil der Eltern oder für die Schulbibliothek mit „in den 15% Haufen kommen“. Vor dem Hintergrund marktschreierischer Aktionen ist da Unrechtsbewustsein kaum mehr anzutreffen. Bücher bekommen in der Wertigkeit und Wahrnehmung zunehmend den Status von Sonnenschirmanpreisungen im September. Die Folgen für die Selbstwahrnehmung der Buchhändler, die Mitarbeiterqualifikation und damit der Beratung und Sortimentsvielfalt sind klar, an den Ausbildungszahlen auch nachvollziehbar. Das rote % Schild in die Auslage publikumswirksam hängen lernen Einzelhändler ortsnah und besser, ebenso wie nachlegen und präsentieren am Topseller-Tisch und der MA-Ramschaktion.
Dies soll keine Absage an den Wettbewerb um kreative, gute und attraktive Werbung um den Kunden sein, bei dem der besser aufgestellte Marktteilnehmer die Oberhand behalten soll und wird. Mir geht es um Selbstverständnis und den dafür kreierten Ast auf dem wir sitzen, die Preisbindung. Lesung statt billiger, Welttag des Buches statt %-Schilder, daran möchte ich den guten Buchhandel erkennen und das geht nur, wenn wir diesen Wettbewerbsmaßstab für alle Marktteilnehmer zur Grundlage des Handelns machen, nicht über Rangiermanöver an Rande der Preisbindung.