Derzeit beschäftigt Filippetti insbesondere die Krise des stationären Buchhandels, die sich in Frankreich zuletzt im laufenden Insolvenzverfahren des Medienhändlers Virgin manifestierte. Die Minsterin sieht Virgin neben Managementfehlern auch als Opfer einer „unlauteren Konkurrenz durch Unternehmen wie Amazon, die die steuerlichen Regeln nicht respektieren“.
Ich habe mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet, die mir Berichte vorlegen. Insbesondere habe ich einen internen Bericht über das Scheitern des Portals 1001Libraires.com angefordert, das leider keinen Webshop der unabhängigen Buchhändler in Konkurrenz zu Amazon etablieren konnte. Zudem wird Ende Februar ein Bericht über die möglichen Hilfen für Buchhandlungen abgeschlossen. Wir müssen ein Verteilen nach dem Gießkannenprinzip vermeiden. Mein Ziel bleibt, dem Handel zwei Prozentpunkte zusätzlicher Marge zu verschaffen. Ende März werde ich auf dem Pariser Salon du livre meinen Plan zur Unterstützung der Buchhändler bekanntgeben.
Nicht alle. Aber sie müssen es tun. Das ist einer der Schlüssel zum Erfolg dieser Maßnahme – und des ausstehenden Verfahrens mit der EU-Kommission.
Ich habe letztens José Manuel Barroso, den Präsidenten der EU-Kommission, getroffen. Wir haben lange diskutiert. Barroso ist ein Mann mit einer hohen Sensibilität für Fragen der Kultur. Ich habe ihm unsere Argumente erklärt: Europa darf nicht sagen, dass es die Entwicklung einer digitalen Gesellschaft unterstützen will, und Frankreich dann dafür bestrafen, dass es in diesem Sinne handelt. Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes ist ein Wachstumshebel für die gesamte Branche.
Er wird wachsen, aber wir sehen durchaus, dass die Leser noch immer am Papier hängen. Das hängt auch mit der Gewohnheit der Franzosen zusammen, Buchhandlungen zu frequentieren – über die ich mich freue. Die Hauptsache ist, dass die Leser die Wahl haben: Das E-Book darf nicht das System zerdrücken, das wir mit Mühe aufgebaut haben und das die verlegerische Diversität und damit auch die Diversität der Werke garantiert.
Es gibt mehrere Ansatzpunkte: Wir haben die Idee eines speziellen Unterstützungsfonds für den Buchhandel. Ich würde gern die Zahl der Buchhandlungen, die von dem Label LIR für ausgezeichnete unabhängige Buchhandlungen profitieren, auf etwa 2000 erhöhen. Ich habe auch den Wunsch ausgesprochen, dass Unternehmen wie Virgin oder Fnac der Arbeitsgruppe zur Zukunft des Buchhandels beitreten. Auch wenn für den unabhängigen Buchhandel besondere Bedingungen bestehen, richte ich meine Aufmerksamkeit auch auf solche größeren Gruppen. Wenn noch vor 20 Jahren der Interessensgegensatz zwischen den stationären Buchhandlungen unterschiedlicher Größe akzentuiert wurde, verbinden sie heute gemeinsame Probleme, die angesprochen und in Angriff genommen werden müssen. Wir untersuchen unter anderem die Frage der Portokosten, weil Amazon den Buchhändlern besonders durch seine guten Lieferkonditionen Konkurrenz macht. Ich will die Buchhändler ermutigen, mit deutlichen Schritten auf Amazon zu reagieren. Der Zugang aller Händler zu öffentlichen Aufträgen erscheint mir ebenfalls sehr wichtig. Wir interessieren uns dafür, in Fragen der Ausbildung, Einrichtung und Ausstattung zu helfen. Die Buchhändler müssen die Möglichkeit haben, Bücher in gedruckter und elektronischer Form anzubieten. Und ich unterstütze hierzu jeden Schritt in Richtung einer weiteren Vernetzung.
Die Diskussionen darüber dauern an. Das Problem ist, dass von einem Rabattierungsverbot alle profitieren würden, einschließlich Amazon. Natürlich möchte ich den Buchhändlern eine höhere Marge ermöglichen, unter anderem durch die Mehrwertsteuersenkung. Wir wollen aber nicht, dass das Buch durch seinen Preis schlechter gestellt wird: Den Kunden gegenüber wäre es kein sehr gutes Signal, den 5%-Rabatt zu streichen. Und letztlich würde mich dieser Schritt auf politischer Ebene zwingen, eine Preisbindungsdiskussion zu eröffnen. Darauf würde ich gern verzichten, das könnte gefährlich sein.
Die Praxis des Lesens an sich ist keineswegs bedroht. Es wird anders und anderes gelesen. Was abnimmt, ist die lineare Lektüre eines Buches. Selbst die Vielleser lesen weniger. Wenn sich die Definition eines Viellesers von 25 auf 16 gelesene Bücher pro Jahr ändert, ist das beunruhigend.
aus: buchreport.magazin 3/2013
Kommentar hinterlassen zu "Buchhändler ermutigen, auf Amazon zu reagieren"