Für Florian Wernicke und Pascal Mathéus dürfte es ein ziemlicher Ritt gewesen sein: Vor einem Jahr sahen sie ihre berufliche Zukunft noch in Freiburg, wollten dort die Buchhandlung am Wetzstein fortführen. Das gelang nicht in der geplanten Weise, Mathéus und Wernicke machten sich auf den Weg nach Hamburg und übernahmen dort die alteingesessene Buchhandlung Kortes von Hiltrud Klose.
Eine der ersten Amtshandlungen ist jetzt eine Umbennung. Aus Kortes wird Wassermann – und das aus guten Gründen. Bei der genaueren Spurensuche ergab sich eine kritische Geschichte aus der Zeit des Nationalsozialismus: Alfred Kortes übernahm 1945 in Blankenese die damalige Buchhandlung Wassermann und gab ihr auch den Namen. Kortes spielte zwischen 1933 und 1945 allerdings eine kritische Rolle: Mitglied der NSDAP, sogar kurzzeitig in der SA. Eine Vergangenheit, die Mathéus und Wernicke nicht auslöschen möchten – im Gegenteil, sie haben diese Phase intensiv aufgearbeitet. Doch der Name Kortes soll nicht mehr für diese Zeit stehen.
Noch steht auf der Webseite der Name Kortes, doch schon mal wird der Buchladen unter dem klassischen Namen Wassermann fortgeführt. Ob er wirklich „die älteste Buchhandlung Hamburgs“ ist? Offiziell übernahm Alfred Kortes den Laden im April 1921 – doch das war noch im brandenburgischen Templin, nicht in Hamburg selbst. Kortes’s Vater Gottfried Kortes übernahm die Geschäfte zuvor von Friedrich Wassermann, der sie 1848 in Templin gegründet hatte.
Wie auch immer: „Das Gründungsjahr der Buchhandlung 1848 steht für den Aufbruch von Demokratie und Freiheit. Dieser Tradition fühlen sich die neuen Inhaber verbunden und möchten einen Beitrag zu einer offenen, demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft leisten, indem sie eine Plattform für literarische und politische Gespräche über Bücher bieten“, schreibt das neue Inhaber-Duo selbst.
Die Umbenennung der Buchhandlung wird von einem Veranstaltungsprogramm begleitet. Im Herbst dieses Jahres wird es eine Podiumsdiskussion zum Thema Die Rolle der Literatur und des Buchhandels im NS-Staat und in der offenen Gesellschaft geben, an der unter anderen die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien und Pascal Mathéus teilnehmen werden. Die Moderation übernimmt Jan Kurz vom Förderkreis historisches Blankenese. Näheres zum Veranstaltungsprogramm folgt in Kürze.
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