In den USA hat die Politik Einzug in die Buchbranche gehalten und das wirft Fragen auf: Wie politisch darf die Branche sein? Ist sie gar zu liberal und unterdrückt Stimmen am rechten Rand? Ein Blick in eine liberale Branche im Trump-Amerika.
Der Machtwechsel in Washington und die unberechenbare Politik von Präsident Donald Trump ziehen im US-Buchhandel weite Kreise. Die politische Neutralität, die sich viele US-Indies Ende Januar bei ihrem Wintertreffen in Minneapolis verordnet hatten, bröckelt und zwar in einem Umfang, dass der Buchhändlerverband dringenden Handlungsbedarf sieht.
Bei zehn regionalen Workshops will die American Booksellers Association (ABA) ihren Mitgliedern im Laufe des Frühjahrs Rüstzeug für die konstruktive Darstellung politischer Meinungsäußerung und die entsprechende Kundenansprache an die Hand geben. Das Interesse an diesen Veranstaltungen ist groß, sagt CEO Oren Teicher: „Buchhändler operieren nicht in einem Vakuum; sie wollen und sollen reflektieren, was um sie herum passiert.“ Mit welchen Aktionen sich die US-Buchhändler politisch engagieren, beleuchtet ein Artikel im aktuellen buchreport.magazin April 2017.
Besonders engagiert, so schreibt Autorin Anja Sieg darin, zeige sich der Indie-Buchhändler The Booksmith in San Francisco, der in einem „medienträchtigen Showdown“ gegen Simon & Schuster mobil gemacht habe. Der Verlag wollte ursprünglich ein Buch des ultrarechten „Breitbart“-Kommentators Milo Yiannopolous veröffentlichen und löste damit einen Proteststurm aus.
Dass Simon & Schuster Yiannopolous‘ Buch letztlich kippte, ist auch Thema in einem aktuellen Beitrag von „Publishers Weekly“. Einige Fragen, die das US-Branchenmagazin anschneidet: Könnten liberale Autoren von ihren Verlagen künftig öfter verlangen, ihnen unliebsame Stimmen vom ultrakonservativen rechten Rand nicht zu veröffentlichen? Oder waren es letztlich Yiannopolous‘ eigene Aussagen, von denen der Verlag fürchtete, dass sie die Kernzielgruppe vergrätzten? Und wie ist es überhaupt um die Sichtbarkeit kontroverser konservativ-rechter Meinungen in der liberalen Buchindustrie bestellt?
»Fake News«: Wissenschaftspublizistik will aufklären
Deutlich nüchterner und sachlicher kommt eine Aktion von De Gruyter und Partnerverlagen, unter anderem Columbia UP, Princeton UP und Harvard UP, daher: Unter dem Titel „Rights, Action, and Social Responsibility“ werden noch bis Ende des Jahres etwa 500 Bücher und ausgewählte Fachartikel frei zur Verfügung gestellt. Themenbereiche sollen unter anderem Einwanderung, Klimawandel und Menschenrechte sein. „Der erweiterte Zugang trägt dazu bei, ‚fake news‘ zu bekämpfen, über Wahrheit und Ethik nachzudenken und die Konflikte unserer Gesellschaft zu verstehen“, heißt es dazu von De Gruyter-Manager Steve Fallon.
Ob die Faktencheck-Offensiven klassischer Medien jedoch wirken und die richtigen Personen erreichen, bezweifelt die „Süddeutsche Zeitung“ (11.4.2017) mit Verweis auf aktuelle US-Studien: Faktenchecks erreichten vor allem diejenigen, die sich sowieso überdurchschnittlich gut auskennen würden, und diejenigen, die den Falschmeldungen Glauben schenkten, ließen sich mit den Fakten nicht überzeugen.
Autoren demonstrieren für Meinungsfreiheit
In der Buchbranche gehörten die Autoren zu den ersten, die politisch aktiv geworden sind: Rund 2000 Autoren, aber auch Leser und Künstler, versammelten sich am Martin Luther King Day am 15. Januar vor der Stadtbibliothek in New York, um von dort aus einen Protestmarsch Richtung Trump Tower anzutreten. Die Demonstranten, unter ihnen namhafte Schriftsteller wie Michael Cunningham, Jeffrey Eugenides und der Zeichner Art Spiegelman wollten für Meinungsfreiheit eintreten und auf mögliche Einschränkungen durch US-Präsident Donald Trump aufmerksam machen.
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