„Der Wirrwarr um die Frankfurter Buchmesse nimmt immer bizarrere Formen an”, urteilt „FAZ”-Feuilletonistin Sandra Kegel mit Blick auf die kommunikativen Wendungen der vergangenen Wochen. Seit dem „mutigen Entschluss” des Börsenvereins in Abstimmung mit Messe, Stadt und Land folge „eine widersprüchliche Nachricht auf die nächste, so dass mancher bereits die Existenz der Messe als Ganzes aufs Spiel gesetzt sieht”, konstatiert sie in der „FAZ” (hier online und in der gedruckten Ausgabe vom 4. Juli).
Zuletzt hatte es sogar Spekulationen über eine Neuausrichtung der Buchmesse gegeben, nachdem bekannt geworden war, dass die Buchmesse und die Musikmesse im kommenden Jahr zeitgleich auf dem Frankfurter Messegelände ausgetragen werden.
Die Corona-Pandemie sei zweifellos eine „beispiellose Herausforderung” für die Frankfurter Buchmesse mit ihren dreihunderttausend Besuchern aus mehr als hundert Ländern, schreibt Kegel. „Umso mehr muss man davor warnen, das Kind jetzt mit dem Bade auszuschütten.” Denn auch das sei eine Corona-Lehre: „dass wir manches in der Welt, was wir für selbstverständlich gehalten haben, auf ewige Zeiten existent, plötzlich mit anderen Augen sehen – als einzigartig, gefährdet, schützenswert.”
Was daraufhin folgt, ist eine Art Liebeserklärung an die weltgrößte Bücherschau – mit all ihren Widersprüchlichkeiten: „Jetzt, da die Buchmesse dieser Zerreißprobe ausgesetzt ist, wird klar, was diese einmalige, verrückte, alle Sinne strapazierende Veranstaltung stets war: immer zu voll, immer zu laut, immer zu teuer, immer ein Risiko. Aber zugleich auch ein faszinierender Ort des Ausverhandelns von Geist und Ware, eine Gelegenheit für Entdeckungen und ein Ort der Diskurse, wo es zum Wettstreit der Ideen ebenso kommt wie zu unverhofften Begegnungen, ein Schauplatz von Klatsch und Tratsch, aber auch das große Forum für die wichtigen Fragen unserer Zeit, um die in diesen herbstlichen Tagen immer aufs Neue so lebhaft gerungen wird wie um die Frage nach dem richtigen Drink.”
Kegels Fazit: „Eine Messe auf Abstand ist ein Paradox, das es auszuhalten gilt. Statt die Buchmesse unwiederbringlich verändern zu wollen, wäre es wichtig, sie in ihren Stärken zu stabilisieren; eine Aufgabe, der sich Politik und Branche gleichermaßen stellen müssen.”
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