Es ist eine bittere Schlappe für den Börsenverein: Das Bundeskartellamt hat die offizielle Beschwerde des Verbands gegen die Regeln der Deutschen Post zum Waren- und Bücherversand abgewiesen. Seit Jahresanfang 2020 gelten verbindlich neue Bestimmungen, die von den meisten betroffenen Verbänden als unverhältnismäßige Preiserhöhung eingestuft werden.
Seit die Deutsche Post im April 2019 die neuen Vorgaben und Tarife für Büchersendungen verkündet hatte, engagierte sich der Börsenverein gegen die „erneuten Preissteigerungen in Höhe von bis zu 60%“. Im Juni reichte der Verband Kartellamtsbeschwerde ein. Jetzt hat die Behörde nach eingehenden Ermittlungen geurteilt, dass das Vorgehen der Post vertretbar sei. Das Bundeskartellamt fand demnach keine ausreichendenden Anhaltspunkte dafür, dass die Preissteigerungen missbräuchlich seien oder kleinere Buchhandlungen und Verlage in den Konditionen ohne sachlichen Grund gegenüber anderen Unternehmen diskriminiert werden. Die Beschwerde wird somit nicht weiter verfolgt.
„Wir würdigen das Engagement des Bundeskartellamts, das sich intensiv mit der von uns eingelegten Beschwerde beschäftigt hat, gleichwohl bedauern wir das erreichte Ergebnis. Kleine und mittlere Buchhandlungen und Verlage werden durch die beträchtlichen Konditionenveränderungen – Preiserhöhungen von bis zu 60% und die Verringerung der Höchstmaße der Büchersendung – in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber großen Versendern stark beeinträchtigt. Wir bleiben in Kontakt mit dem Bundeskartellamt und werden es über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden halten“, kommentiert Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis.
Der Börsenverein will sich nun auf seine Bemühungen konzentrieren, auf gesetzlicher Ebene günstige Versandkonditionen für das Kulturgut Buch zu erwirken. „Wir setzen alles daran, über eine gesetzliche Regelung angemessene Versandkonditionen für Bücher langfristig zu verankern. Stationäre Buchhändler benötigen eine bezahlbare Möglichkeit, Bücher zu versenden, um sich gegenüber dem reinen Online-Handel zu behaupten“, so Skipis. Der Referentenentwurf zur Novellierung des Postgesetzes werde in Kürze erwartet.
Hier die wichtigsten Artikel zur Vorgeschichte im Überblick:
- Branchenverbände beklagen höheres Porto für Bücher
- Börsenverein reicht Kartellamtsbeschwerde gegen die Deutsche Post ein
- Büchersendung: Post gewährt Übergangsfrist bis Jahresende
- Börsenverein: »Kulturgut Buch auch beim Versand gesetzlich schützen«
- Hoffnung auf »alte« Büchersendung
- Bundesnetzagentur prüft Portoerhöhungen der Post
- Post nimmt Portoerhöhung für Pakete von Privatkunden zurück
Der Inhalt der Kartellbeschwerde seitens des Börsenvereins im Juni 2019 ist mir nicht bekannt. Mir sind auch die vorgebrachten Argumente nicht bekannt, mit welchen das Bundeskartellamt davon überzeugt werden sollte, warum die neuen Büchersendung-Porti ab 01.06.2019 bzw. – nach der Verlängerung – ab 01.01.2020 der postalen Verbreitung des Kulturgutes Buch schaden.
Soweit hier nämlich immer wieder Preissteigerungen von bis zu 60% genannt werden, wäre es schön, wenn dem so wäre. In Wahrheit liegen die Erhöhungen bei max. 181,76% und somit bei fast dem 3-fachen des vorherigen Portos.
Beispiele hierzu:
Büchersendung bis 500 g alt = 1,20€ neu ab 01.01.2020 = 1,90€ + 0,70€ Erhöhung = 58,33%
Büchersendung bis 1000 g alt = 1,70€ neu ab 01.01.2020 = 2,20€ + 0,50€ Erhöhung = 29,41%
Nun die Praxis:
bis 31.12.2019 galt: Buch 900g 30x20x13cm = 1,70€
ab 01.01.2020 gilt: Buch 900g 30x20x13cm = 4,79€ !
Warum?: Nachdem die Deutsche Post nicht nur die Preise erhöht hat, sondern gleichzeitig auch das Versandformat, beispielsweise von früher 15 cm Höhe, nunmehr auf 5 cm(!) reduzierte, ist in diesem Fall nichtmals mehr der Versand mittels S-Päckchen (bis 10cm Höhe) für 3,79€ möglich. Die günstigste Versand-Variante ist im obigen Fall das M-Päckchen (60x30x15cm) für 4,79€.
Bei einer nicht geringen Anzahl von Büchern (ich las hierzu Zahlen von bis zu 30%) kommt es somit beim Postversand zu Preissteigerungen von bis 181,76% – also fast zu einer Verdreifachung des altes Preises von 1,70€ (bis 31.12.2019).
Falls also – wie teilweise kolportiert wurde – die Deutsche Post in Fällen wie dem obigen einigen wenigen Anbietern (amazon? o.a.) ab dem 01.01.2020 nach wie vor noch „alte“ Sonder-Konditionen weit jenseits der genannten 4,79€ einräumen sollte, kann ich nicht nachvollziehen, warum dies vom Bundeskartellamt am Ende so durchgewunken wurde. Oder wurde dies in dieser Tiefe gar nicht vorgetragen und man beließ es statt dessen bei dem Vorwurf der Preissteigerung von bis zu 60% ?
Freundliche Grüße von
Gustav Hensel