Seit knapp zwei Wochen kann jeder seine eigenen Bücher bei Amazon als E-Book veröffentlichen und verkaufen. Als Verleger sollte man nicht die mangelhafte Qualität dieser Werke belächeln und sich in Sicherheit wiegen.
Man sollte vieles ausprobieren, anstatt darüber zu reden. Das gilt speziell für Verlage und E-Books. Doch anstatt mit Formaten, Newcomern und alternativen Preismodellen zu experimentieren, versucht man die Preisbindung zu retten, erstarrt vor möglichen Raubkopierern oder betreibt Augenwischerei mit »Enhanced E-Books«.
Seit knapp zwei Wochen kann jeder seine eigenen Bücher bei Amazon als E-Book veröffentlichen und verkaufen. Einfach so. Kindle Direct Publishing heißt das Konzept, mit dem man ein Word-Manuskript in Sekunden in eine kostenpflichtige Digitalausgabe umwandeln kann.
Wir vom literaturcafe.de wollten nicht darüber reden oder schreiben, sondern habe es ausprobiert. Seit fünf Tagen gibt es den Ratgeber »Amazon Kindle: Eigene E-Books erstellen und verkaufen« für 99 Cent bei Amazon zu kaufen. Wie einfach das geht und welche Erfahrungen wir dabei machen, dokumentieren wir fortlaufend in einem Praxisbericht.
Immerhin: Ohne, dass für den Artikel geworben wurde, sind bislang über 50 Exemplare verkauft worden. An jedem E-Book verdienen wir mehr als ein Autor an der Taschenbuchausgabe bei einem renommierten Verlag.
Das Irritierendste an unserem Praxistest: Erzählt man normalen, branchenfremden Lesern und Buchkäufern davon und zeigt man ihnen das Kindle-Gerät und das eigene E-Book darauf, so sieht man so etwas wie Bestürzung in den Augen der Buchfans.
»Wie? Da kann jeder einfach so ein Buch veröffentlichen? Wer kontrolliert denn da die Qualität der Inhalte? Woher weiß ich denn, ob so ein E-Book seinen Preis Wert ist? Wie finde ich denn die guten Bücher?«
Für Verlage sind das beruhigende Aussagen. Sie zeigen, dass Buchkäufer die Filterfunktion und »Qualitätssicherung« von Verlagen und Buchhandel durchaus zu schätzen wissen, nachdem die Leser das offene Kindle-System verstanden haben.
Doch noch besitzen diese Leserinnen und Leser selbst keinen Kindle. Denn dann würden diese Buchkäufer sehr schnell lernen, dass es andere und neue Wege gibt, die Bucher zu finden, die sie tatsächlich interessieren. Das können die Algorithmen Amazons sein, das können aber auch Websites und Blogs sein, die E-Books der geneigten Leserschaft vorstellen. Und die ersten Seiten des E-Books kann ich ohnehin kostenlos bei Amazon lesen.
Und spätestens dann stehen die Verlage plötzlich doch in Konkurrenz mit der Hobby-Schriftstellerin, die ihre Twilight-Clones erfolgreich den eigenen Fans verkauft.
Man blicke zum Beispiel auf den Titel »Untot: Dämmerung« von Andreas Stetter, den der Autor für 99 Cent im Kindle-Shop anbietet und der dort in den Top 20 zu finden ist. Ein literarisch anspruchsloser Zombie-Thriller, der in Deutschland spielt. Unterhaltung – so man das Genre mag.
Klar merkt man dem Text an, dass an vielen Stellen der Eingriff eines Lektors mehr als gut getan hätte. Da sind umgangssprachliche Ausdrücke, Perspektiv- und Tippfehler drin. Noch schimmert zu sehr der semiprofessionelle Autor durch.
Und dennoch unterhält das Werk an einem Strandnachmittag sicherlich genau so gut, wie ein über zehnmal so teurer Titel eines renommierten Verlages. Die Leserbewertungen fallen sehr positiv aus.
Daher sollte man als Verleger nicht die mangelhafte Qualität dieser Werke belächeln und sich in Sicherheit wiegen. Auf Dauer könnte es den Lesern solcher E-Books wie den Hörern mangelhaft-kodierter MP3-Dateien gehen: Wie eine Untersuchung der Universität von Stanford zeigte, gewöhnen sich die Hörer an die schlechtere Wiedergabequalität, sodass sie sie nach einiger Zeit sogar den hochwertig kodierten Titeln oder CDs vorziehen.
Wolfgang Tischer, literaturcafe.de
Was hat sich denn geändert? Früher haben die Verlage nicht die Zeit gehabt die Waschkörbe voller eingereichten Manuskripte zu lesen, heute haben sie keine Zeit mal unter den Newcomern bei Amazon zu stöbern und sich das Potential zu sichern. Dazu habe ich mal meine „Erfolgsstory“ mit Neobooks /Drömer Knaur aufgeschrieben. Liebe Verlage, was wollt ihr eigentlich?
Puff und weg! http://pluriens.com/wp/?p=458
Gruß
Theodor Symon
Ich habe selber gerade ein eBook auf Amazon veröffentlicht, habe bisher immerhin ca. 10 Verkäufe am Tag, nur durch die Bekanntmachung über mein eigenes Blog.
Für die Verlage ist das der richtige Weg, um neue Autoren zu finden. Für neue Autoren ist es ein guter Weg, bekannt zu werden.
Und am Ende entscheidet der Leser, ob er die Bücher nur von bekannten Verlagen kauft oder auch von Selbstveröffentlichern.
Meine Kurzprosa zu diesem Thema:
Den Verlagen
geht’s an den Kragen!
Und um so manchen, das wird man meinen,
da ist’s nicht wert darum zu weinen.
Doch eins ist immer schon gewesen,
Kluge Menschen werden weiterlesen!
Die Digitalisierung bringt nun auch Bewegung in die analoge, verkrustete Verlagswelt. Die Verlage sollten sich nicht zu sehr auf ihre immer weniger funktionierende Filterfunktion und Qualitätssicherung verlassen. Vor allem sollten sie nicht die Fehler der Musikindustrie und Printmedien wiederholen.
Mit ihrer Arroganz und Ignoranz zerstören sie ihre eigene Geschäftsgrundlage.
Nicht dem Angler, sondern dem Fisch muss der Köder schmecken.
http://www.fiktorie.de
….weil Zeit nicht nur vergeht!
epublishing ist doch ne tolle sache
Gruss Robert Nabenhauer http://www.xing-erfolgreich-nutzen.com/
Ich habe die „Ochsentour“ über Agenten und Verlage gemacht und meine Erfahrungen damit sind nicht schlecht gewesen.
Ja, sicher, es wird einem nicht gleich beim ersten zaghaften Anruf irgendein Agent vor Dankbarkeit über ein neues Manuskript um den Hals fallen.
Ja, sicher, Verlage sind Unternehmen und darauf angewiesen Geld zu verdienen mit ihren Büchern und mögen daher durchaus nicht immer derart risikobereit auf ein kontroverses Manuskript reagieren, wie man es sich als Autor zuweilen wünschen mag.
Ich persönlich sehe epublishing schlicht als einen guten Weg bestimmte eigene Texte zu veröffentlichen, die aus diesem oder jenem Grund beim Verlag keinen Anklang fanden.
Doch hindert das mich doch keineswegs weiterhin als Autor ein guter und verlässlicher Partner meines jeweiligen Print-Verlages zu bleiben.
Zumal epublishing schon allein, was den erforderlichen Marketingsaufwand betrifft, nicht nur das reine Vergnügen darstellt und ein Vollzeitjob ist. Denn mit dem Hochladen eines Buches allein ist es doch längst nicht getan.
Daher bin ich nur zu froh, wenn mein Print-Verlag mir diesen Aufwand für mein nächstes Buch abnimmt.
Und dass ich mehr oder weniger erfolgreich ein ebook ohne Verlag veröffentlichte, hindert bislang weder meinen Agenten noch meinen Print-Verlag daran, weiterhin mit mir Geschäfte zu machen. Im Gegenteil.
David Gray
Also ich sehe eher Vorteile digitaler Distribution.
Nun zählen die Inhalte und nicht schöner Einband und eine Position im Eingangsbereich von Thalia.
Klassiker sind immer vorhanden. Vergriffene Bücher? Geschichte!
Und print kommen die ganzen Clones der Twilight Bücher doch genau so. Vampire und Werwölfe wird man durch Hobbyautoren also noch günstiger bekommen 😀
Auch stimme ich dem Rainer zu, der Markt wird das schon regeln.
Schlechte Bewertungen und schon wird das Produkt kaum beachtet.
Gerade Literaten sind erstaunlicherweise für Kommerz- Bücher müssen massenmarkttauglich sein, Filterung durch die Verlage, Cover und wie gesagt Auslage bei Thalia entscheiden über den Erfolg.
Oh, ganz vergessen. Ist es ok, dass ich die drei Absätze über mein Buch auf meinem Blog zitiere? Natürlich mit Link auf diesen Beitrag.
Den Kritikpunkten zu meinem Buch hab ich jetzt nichts entgegenzusetzen, außer dass ein Lektor tatsächlich nicht schlecht gewesen wäre. Mir fehlte da doch etwas der Abstand. Aber danke für die Erwähnung. Als Bedrohung für renommierte Verlage fühle ich mich aber eigentlich nicht. Im Gegenteil: ich hätte es auch toll gefunden, wenn mein Buch in einem Verlag gedruckt geworden wäre, wollte mich aber nicht dem Stress aussetzen, zig Verlage anzuschreiben und sechs Monate auf die Ablehnung zu warten.
Der Preis macht die Toleranz aus: Bei 99ct gebe ich einem Hobbyautor gerne eine Chancen, doch wenn ich für eine aufgeblasene Fantastik-Saga, die nur auf Befehl eines Verlags in zich Bände a 24,99 Euro aufgeteilt wird und trotzdem unzählige stilistische Mängel, schlecht übersetze Passagen und Rechtschreib- wie Satzfehler enthält, werde ich ungehalten.
Wenn Verlage tatsächlich eine Qualitätsgarantie wären, könnte ich die Argumentation verstehen, aber wenn man sich anschaut mit welchem inhaltlichen Schund, billigem Papier und schlechten Covern die Verlage zu Punkten versuchen, bin ich für die „schlechten eBooks“ mehr als dankbar, weil eine Marktüberflutung den Leser zur selbstverantwortlichen Auswahl zwingt, man fügt sich nicht mehr der Hoheit des gedruckten Wortes, sondern bewertet den tatsächlichen Inhalt.
Ich liebe die eInk-Reader, sie haben mein Leseverhalten verändert und zwar zum erhöhten Konsum, weil sie das bequemere, handlichere und problemlosere Buch sind und ich hoffe sehr auf die Selbstverleger die die eingestaubte und festgefahrene Verlagsbranche endlich zum Handeln zwingen.
Hallo,
da Verlage nicht unbedingt Kurzgeschichten in ihren Programmen bevorzugen, habe ich 8 meiner Kurzgeschichten zusammnegefasst und bei Kindle veröffentlicht.
Die Diskussion, ob schlechte Bücher den Markt überschwemmen lief schon mit Books on Demand. Und werden schlechte BOD-Bücher verkauft? Eher nicht!
Die Medaille hat wie alles zwei Seiten. Einerseits wird eine Flut von Mist auf den Markt geschüttet, andererseits ist das eine Möglichkeit für gute Autoren, die nicht dem Mainstream angehören wollen, etwas zu veröffentlichen.
Wer einmal die Ochsentour über Literaturagenten und Verlage absolviert hat, die das eigene Manuskript teilweise sogar loben, aber einem zu verstehen geben, dass es betriebswirtschaftlich nicht zu vertreten ist es zu publizieren, wird dieses Konzept begrüßen.
Eine Reihe meiner Bücher wird ebenfalls im eBook-Store angeboten – und ich finde es gut so! Persönlich ziehe ich gedruckte Literatur der elektronischen vor. Auch deshalb verstehe ich die Ängste gegenüber der neuen Technologie. Aber ich finde es im Gegenteil fabelhaft, wenn nunmehr praktisch jeder Autor sein eBook auch ohne Verlag im Rücken veröffentlichen kann. Die Spreu wird sich auch in diesem Fall vom Weizen trennen. Dafür gibt es eine weitaus größere Vielfalt, aus der man auswählen kann. Und wenn sich der Twilight-Abklatsch eines deutschen Fans für 1,99 als völliger Mist erweist – was ist verloren? Einfach einen Kommentar hinterlassen, um potenzielle Käufer zu warnen, fertig!
Leute, habt doch endlich mal ein bisschen Vertrauen in den Markt. Der regelt das von ganz alleine.
Jedem Verleger und Verlagsmenschen kann ich nur empfehlen selbst mal bei AMAZON zu publizieren. Das ist eine Lektion fürs (Berufs-)Leben. Ich habe es im Selbstversuch getan (siehe „Bücher gratis für iPhone, Kindle & Co.“, http://amzn.to/jUPNlf) und weiss inzwischen warum „Epubbing“ in den USA ein Freizeittrend ist.
Dennoch, selbst als absoluter eBook-Freund und Leser, graut es mir vor der Flut dieser Bücher, die mich eben dann auch an einem Strand nicht unterhalten. Bisher traue ich dem Filter der Verlage und der Lektorenarbeit noch mehr als dem Massengeschmack und den nackten Verkaufszahlen die man anhand der Top-Verkaufslisten entnehmen kann. Nur leider wissen gerade die Verlage abseits der Serienkillervergewaltigervampirzwergenelfen-Bücher immer noch nicht, das man nur eBooks kaufen kann, die man auch kaufen kann.