Die unendliche Saga von Blackwell geht in eine neue Runde. Nachdem es drei Jahre lang so ausgesehen hatte, als wäre mit Vince Gunn endlich der richtige Mann für die Modernisierung des Unternehmens gefunden, sind die akademische Buchhandelskette im Besitz der Familie Blackwell und ihr CEO überraschend geschieden. Über Nacht hat man sich „in gegenseitigem Einvernehmen“ getrennt.
Gunns Nachfolger mussten die Blackwells nicht lange suchen: Noch am gleichen Tag wurde Andrew Hutchings (Foto) auf den Chefposten gehievt, zuvor Chief Executive des ebenfalls zum Familienimperium gehörenden akademischen Bibliotheksdienstleisters Blackwell’s Book Services mit Sitz im amerikanischen Oregon. Sein Auftrag: Synergien zwischen den beiden Firmenteilen herzustellen, die bislang strikt getrennt voneinander operiert haben.
Für Hutchings spricht, dass er ein Blackwell-Urgestein ist und seit über 20 Jahren dabei ist. Deshalb wird er auch wissen, dass er auf einem Schleudersitz Platz nimmt: Seit 1990 hat Blackwell sechs Geschäftsführer verschlissen. Gunn war 2005 nach Top-Management-Stationen u.a. bei Marks & Spencer und Gap bei der akademischen Buchhandelskette gelandet und hatte den glücklos agierenden Dominik Myers abgelöst, den die Familie 2002 mit hohen Vorschusslorbeeren bei Hasbro abgeworben hatte.
Traditionsbuchhändler mit Anpassungsproblemen
Blackwell’s ist der größte und älteste akademische Buchhändler Großbritanniens, doch der Markt hat sich dramatisch verändert und das 1879 gegründete Unternehmen hat Anpassungsprobleme. Konkurrenten wie Waterstone’s und Borders haben ihr akademisches Geschäft stark ausgebaut. Auch das Internet und die Konkurrenz von Amazon machen massiv zu schaffen.
Vor seinem abrupten Abschied steckte Vince Gunn mitten in der Umstrukturierung der 60 Filialen umfassenden Ladenkette und hatte gerade erst 30 Mitarbeiter entlassen. Einschneidende Maßnahmen dürften auch für Hutchings unumgänglich sein, denn der kürzlich vorgelegte Geschäftsbericht für 2006/07 ist schwer verdauliche Lesekost: Der Umsatz war um 3,1% auf 77,2 Mio Pfund rückläufig, der Verlust kletterte um 10,1% auf 7,6 Mio Pfund.
Rechnen muss Hutchings bei seinem Sanierungskurs mit der unberechenbaren Eigentümerfamilie. Zwar hat Seniorchef Toby Blackwell jüngst einen Verkauf der Buchhandlungen kategorisch ausgeschlossen, doch Blackwell-Insider erinnern sich noch gut an 2005, als der Verkauf an den schottischen Buchhändler John Smith & Sons fast schon beschlossene Sache war.
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