Die Verlagsgründung der BPG Mairdumont Media in Peking lenkt den Blick auf den chinesischen Wachstumsmarkt, in dem nicht alle großen Pläne aufgehen, wie u.a. vor Jahren Club Bertelsmann erfahren hat. Abseits der für Mairdumont im Mittelpunkt stehenden Besonderheiten des Reisesegments ist das Riesenreich Hoffnungsträger für Verlage aus unterschiedlichsten Bereichen. Beispiele:
- Kinderbuch: Von spektakulären Erfolgen berichtete schon Anfang des vergangenen Jahrzehnts etwa der österreichische Autor Thomas Brezina, von dessen Kinderbüchern nach Aussage seines Agenten eine zweistellige Mio-Zahl von Exemplaren über die chinesischen Ladentische gegangen ist. Für die meisten anderen deutschen Kinderbuchverlage hat das Lizenzgeschäft mit chinesischen Partnern vor allem seit Chinas Gastlandauftritt auf der Frankfurter Buchmesse 2010 an Fahrt aufgenommen. Vor allem Trilogien und Serien aus deutscher Produktion sind bei kleinen Chinesen gefragt, berichtet die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Jugendbuchverlage (avj), Renate Reichstein.
- E-Book: Die börsennotierte Verlagsgruppe Bastei Lübbe hat in China den wichtigsten Markt für den künftigen Absatz seiner elektronischen Bücher ausgemacht: 55% der Chinesen zwischen 18 und 70 Jahren lesen nach Erkenntnissen der Verlagsgruppe grundsätzlich Bücher. 40% der Bevölkerung digital. Die Kölner haben bereits eigene Digitalserien („Apocalypsis“, „Coffeeshop“) in Mandarin übersetzen lassen und haben erst im Februar u.a. auf einer Investorenkonferenz die Gründung eines Joint Ventures für den E-Book-Vertrieb angekündigt (buchreport.de berichtete).
- Fachinformation: Große Hoffnungen setzen auch die ohnehin immer stärker international agierenden Fachverlagsgruppen in das Reich der Mitte. So entwickelt ein Jointventure der Freiburger Haufe Gruppe bereits mit 200 Mitarbeitern in Peking Weiterbildungs- und Wissenssoftware. Die wissenschaftliche Fachverlagsgruppe De Gruyter kooperiert seit 2012 mit der chinesischen Wissenschaftsverlagsgruppe Commercial Press (buchreport berichtete).
Großes Interesse an Partnerschaften und Kontakten
Was die Verlage in der Regel nicht offensiv kommunizieren: Wer sich auf dem chinesischen Markt festsetzen will, muss Geduld und Einsatzbereitschaft mitbringen. So lagen für Mairdumont zwischen den ersten China-Kontakten und der jetzt abgeschlossenen Partnerschaft drei Jahre „und neun Stempel“ von Behörden, wie Geschäftsführer Thomas Brinkmann berichtet.
Die Wahl des richtigen Partners ist Dreh- und Angelpunkt eines erfolgreichen China-Engagements. Grund: Wer ein Buch auf dem streng kontrollierten Buchmarkt platzieren will, braucht eine Genehmigungsnummer der staatlichen Zensurbehörde. Zu dieser Behörde stehen vor allem die rund 580 staatlichen Verlage in engem Kontakt, während es für die seit wenigen Jahren überhaupt erst zugelassenen Privatverlage häufig schwer ist, den gewünschten Marktzugang zu ergattern.
Grundsätzlich gebe es bei chinesischen Verlagen großes Interesse an Partnerschaften, Koproduktionen und Kontakten mit renommierten Verlagen aus dem Ausland, berichtet Yingxin Gong, die das Buchinformationszentrum Peking (BIZ Beijing) der Frankfurter Buchmesse leitet.
Aber der Weg über die kulturellen und bürokratischen Hürden „absorbiert doch viele Ressourcen“, berichtet Mairdumont-Geschäftsführer Brinkmann aus frischer Erfahrung. Für den Reiseverlag aus Ostfildern bedeutet das konkret, eine ebenfalls erwogene Expansion nach Indien erst einmal auf Eis zu legen: „In den kommenden zwei bis drei Jahren müssen wir uns auf China konzentrieren.“
aus: buchreport.express 10/2014
Kommentar hinterlassen zu "China ist viele Reisen wert"