Claus Bühnert: Verlage und Veranstaltungen – Flirt oder Strategie?

Die deutsche Verlagswelt hat Veranstaltungen als Geschäftsfeld inzwischen endgültig entdeckt. Gewiss, man gehört nicht zu den Pionieren auf den Kongressparketten und Showbühnen dieser Welt. Gleichwohl sind die Start- und Behauptungschancen in der Veranstaltungswelt gut. Erforderlich dazu sind jedoch neue, kreativ und nachhaltig umgesetzte Ideen – oder der „Glücksfall Marktlücke“.

Mit einem simplen „We too“ ist es nicht getan, meistens jedenfalls nicht. Denn auf dem Veranstaltungsmarkt herrscht drangvolle Enge: 2,69 Mio. Veranstaltungen jährlich¹⁾.

Warum aber lassen sich Verlage auf einen solchen Wettbewerb ein? Die Marketing-Experten wissen es schon lange. Veranstaltungen sind geeignete Instrumente, Inhalte zu transportieren, Marken und Unternehmen zu positionieren sowie Produkte zu bewerben. Für Verlage ist das an sich nichts Neues. Die Kunst besteht allerdings darin, inhaltliche, kommunikative und organisatorische Kompetenzen zu verbinden. Im weitesten Sinne ist es die Entertainment-Variante des Content-Management.

So wenig aber wie Inhalte aus Print-Medien identisch auf Online-Medien übertragen werden können, so wenig geht das bei Veranstaltungen. Das beginnt schon damit, dass es einen Unterschied zwischen Schreiben und Sprechen gibt. Veranstaltungen haben hauptsächlich eine Kompassfunktion in der für den Einzelnen nicht mehr überschaubaren Flut an Informationen. Die latente Sehnsucht nach sozialen Kontakten – von den Baby Boomern bis zur Generation Y – tut ihr Übriges. Veranstaltungen sind somit (auch) Social Media.

Wer seine Zielgruppen über alle Medienkanäle erreichen will, kommt an Veranstaltungen nicht vorbei. Insoweit sind sie ein „must have“, also kein vorübergehender Flirt, sondern strategisches Element.

1) Meeting- & EventBarometer 2010/2011, EITW GmbH im Auftrag von EVVC, DZT und GCB (2011)

Claus Bühnert ist seit 2006 als Leiter Thieme Congress beim Georg Thieme Verlag tätig, zudem ist er Vorsitzender des German Committee der ICCA (International Congress & Convention Association). Beim Zertifikatskurs „Kongress- und Veranstaltungsmanager“ vom 7. bis 10. Mai in München tritt er als Fachreferent auf.